Vom Gryt Schärengarten geht die Fahrt nach Norden bis Nynäshamn
Mittwoch 9. Mai
Pünktlich um 10.00 Uhr, wir sind am Ablegen, verzieht sich die Sonne. Unser großes Ziel heute ist die Stadt Nyköpping, das Kürzere ist nur bis zum 18 Seemeilen entfernten Arkösund.
Ein paar Meilen lang führt uns der Seeweg die gestrige Strecke wieder zurück, heute jedoch schneller mit 5 Knoten, dafür lärmt aber der Motor. Viel schöner war es gestern unter Segel halb so schnell und lautlos und bei Sonne. Schären wieder soweit das Auge reicht. Am Leuchtturm Snuggholmen setzen wir Vollzeug (alle Segel), der Nordwest-Wind mit Stärke 3-4 bläst uns jetzt übers Wasser.
Die Schauerwolken kommen näher
Das Ölzeug ist schon angezogen, so können wir gelassen den schwarzen Wolken zusehen, wie sie auf uns zukommen und sich über uns ausschütten. Heftig, aber nur eine Stunde lang, und dann dreht der Wind auf Nord. Die Front ist durch. Jetzt haben wir Gegenwind! Segel bergen! Motor an. Die Winddrehung bringt die Entscheidung, wir motoren nach Arkösund, morgen ist auch noch ein Tag. Im Hafen werden wir unfreundlich empfangen, auf dieser Seite seien Privatplätze, auch wenn keiner heute hier anlegen will, geht das nicht. Freundlicherweise weist man uns aber noch darauf hin, dass schräg hinter uns ein Stein liegt, Wassertiefe 1,20 m, und wir brauchen 1,65 und eine Handbreite dazu. Ohne Hinweis liegt so ein Unterwasserstein im Hafen! Wir legen wieder ab und versuchen unser Glück im Fischereihafen, von Fischerbooten keine Spur, aber eine große STATOIL Tankstelle, daneben stehen jetzt wir, ganz unromantisch. Die schwedische Dame vom Kiosk ist für die Plätze zuständig, sie ist nicht begeistert dass wir hier längsseits stehen und so viel Platz brauchen. 140 Kronen müssten wir aber bezahlen! Klar bezahlen wir. Duschen und WC's gibt es nicht, erwidert die Kioskfrau unfreundlich auf unsere Frage. Im Ort ist gar nichts los, keine Saison halt. Im Ort und auf den Schären liegen viele Pseudoschlösschen, in blau angestrichen. Uns reicht's heute von den unfreundlichen Schweden aus Arkösund und trinken ein Bier im Cockpit mit Aussicht auf STATOIL.
Donnerstag, 10. Mai
Fort aus Arkösund. Nyköpping schaffen wir heute. Tonne für Tonne hangeln wir uns den Sund hoch. Wir müssen die Steinhaufen auch noch von der richtigen Seite umrunden um ja nicht einen Unterwasserstein zu überfahren. Mittags ist Öxlesund quer ab, eine richtige Stadt mit rauchenden Kaminen. Inzwischen brausen wir mit über 7 Knoten bei SSE-Wind über die Ostsee. Bei dieser Geschwindigkeit wird es mir richtig ungemütlich, erst recht wenn zwischen den Inseln keine Markierungen mehr kommen, überall nur noch Steine. Mittig durch, dann passt es, meint der Skipper. Aber fahren wir den Slalom auch richtig durch? Frage ich mich. Am Leuchtturm Sälgrund bergen wir das Großsegel, die schmale Einfahrt nach Nyköpping liegt vor uns. Wir segeln nur mit dem Klüver die 8 Seemeilen lange und schmale, deshalb eng betonnte Gasse durch, Wassertiefe zwischen 3 und 5 Meter – daneben flach. Wir haben Glück, dass uns der Wind treiben kann und wir die Stille genießen können. Die Landschaft gleicht etwas der Schlei an der Flensburge Förde, rechts und links flach, Schilf, die Vögel brüten, der hell grüne Wald leuchtet in der Sonne, schön
Das Fahrwasser nach Nyköping ist sehr eng aber gut betonnt.
Die Seeschwalbe hat ihre "Stammtonne"
Um 14.30 Uhr machen wir Momo fest in Nyköping im Hafen an einer „Brygga“. Dieses Anlegemanöver, zwischen kippeligen Stangen mit Ösen darauf für die Leinen, kann die Crew der Momo nicht ausstehen. Meistens sind die Dinger zu schmal, oder Momo zu dick, und für die Ösen ist Momo zu hoch oder meine Arme zu kurz. Gemütlich im Cockpit bei einer Tasse Kaffee, diskutieren wir das Anlegemanöver nochmal durch. 27 Seemeilen waren das heute. 2006 als wir Momo in der Gryts Varv in Schweden gelassen haben, sind wir mit dem Bus in Nyköpping für den Heimflug angekommen. Eine Stadt mit dem Schiff anzulaufen und im Hafen anzukommen ist ein ganz anderes Erlebnis, als am Busbahnhof auszusteigen. Direkt neben uns ist eine 2 km lange Trainings- und Wettkampfstrecke für die Wassersportler, ein Stück weiter stehen die Golfer aam Ufer auf der Driving Range und schlagen ihre Bälle in die Ostsee, wer in die darin platzierten Körbe trifft bekommt einen Preis.
In Nyköping kommen die Bordfahrräder zum Einsatz
Nyköping
Nyköping ist endlich mal eine lebhafte Stadt, hübsch, und wir treffen nur freundliche Leute. Leider warten die Hafenkneipen, Handverk, Konst und die Rökeri noch auf die Saison, die in Schweden ab 20. Juni erst los geht und Mitte August auch schon wieder vorbei ist. Wir radeln den schönen Weg am Fluss entlang in die City und kaufen uns einen Heizlüfter. Die Idee hatte der Skipper, wenn wir im Hafen liegen und Strom haben, können wir so unsere Gasflasche schonen. Abends im Schiff ist es zum ersten Mal richtig schnuckelig warm.
Im Hafen scheint noch die Sonne, aber von Osten zieht eine Nebelwalze herein.
Freitag, 11. Mai
Heute ist Internettag, während Uwe arbeitet, er sitzt mit seinem Lap Top im Hotel Foyer, schaue ich mir die Stadt an, mache ein paar Bilder, besorge in den netten Läden Reisepräsente. Uwe kann Einkaufen nicht ausstehen, das muss ich ausnützen. Im Hotel essen wir noch ein Dages Lunch während der „Arbeit“. Zurück am Schiff sehen wir über dem Wasser eine Nebelwalze langsam auf uns zu kommen, so entschließen wir uns, erst morgen früh weiter zu fahren. Die Tvätmaschinen (Waschmaschinen) haben auch noch keine Saison, sie sind abgesloten (schwedisch ist manchmal leicht zu verstehen), so mache ich heute große Handwäsche. Wir treffen einen Hafenmeister und mit Code 1789 kommen wir in den Genuss einer heißen Dusche. Ist das wieder gemütlich an Bord mit dem Heizlüfter.
Mit dem "Mac" im Cockpit
Samstag, 12. Mai
Wir wollen zur Insel Ringsön im Naturschutzgebiet.
Der Nebel ist weg, aber alles ist in eintöniges Grau getaucht. Wir setzen alle Segel und plätschern gemächlich mit 2 Knoten durch den Valaröfjärden. - Ups, eine rote Tonne, wo kommt die denn plötzlich her? Der Wind frischt auf und in Zick-Zack-Fahrt rauschen wir durch die roten und grünen Stangen, vorbei an Stendörren, einem Naturhafen, wo man eigentlich auch mal gewesen sein muss. Wir fahren weiter! Diese Zick-Zack-Fahrt ist schon verrückt, im Wasser sieht man oft kein Hindernis, alles ist gleichmäßig blau und manchmal sogar eine große Fläche, aber wehe man fährt einfach drauf los, dann lauert bestimmt ein böser Stein. Immer tiefer tauchen wir in die Schärenwelt ein, ohne Seekarte wäre man bald verirrt wie Nils Holgersson und Pippi Langstrumpf (d. h. Hänsel und Gretel). Scharf steuerbord, vor dem Felsen zwischen den Bäumen, muss die Einfahrt in den Hummelviksfjärden der Insel Ringsön sein. Plötzlich sind wir in einer Lagune, umgeben von Bäumen, hohen Kullersteinen und im Wasser liegen noch ein paar Minischären. Weil dazu eine Sonne gehört, ist sie wie im Märchen, plötzlich da. Wir suchen uns einen steilen Felsen, nach dem Motto: je steiler die Felsen desto tiefer das Wasser. Zwei schwedische Boote liegen schon da, wir fahren dazwischen. Es folgt ein Anlegemanöver mit Bug am Felsen und mit Heckanker. Ganz ruhig und langsam fahren wir in die Lücke, Uwe lässt den Anker fallen, ich springe in Wanderschuhen auf den Felsen, lege zwei Vorleinen um Bäumchen, fertig, wortlos ging das Manöver. Rechts auf dem Boot liegen zwei Schweden auf ihren Cockpitbänken und schnarchen – sie sind nicht aufgewacht.
Auf Position 58°44'163N und 017°26'963E finden wir die Lagune. Ein Traum! Zum Ersten Mal kurzärmelig im Cockpit. Fußball, aus dem Weltempfänger, VFB gegen Bochum: 3:2. Nächsten Samstag wird der VFB Meister!? Der Schwede vom linken Boot neben uns baut seinen Grill auf dem Stein auf, er benutzt eine ganz tolle Blasepumpe, nun holt er vom Schiff ein Kissen und sein Grillfleisch. Er kniet sich nieder auf sein Kissen, bläst, legt Fleisch auf, dreht und wendet es, während er mit seiner langen Grillzange ständig auf seinem Kissen kniet und das Ganze im Auge behält. Ich liege inzwischen auf unserem umgedrehten Gummiboot und sonne mich, deshalb kann ich es so genau verfolgen.
in der Lagune von Ringsön finden wir wieder einen traumhaften Ankerplatz
Jetzt aber fort zur Wanderung! Wir können uns einfach nicht satt sehen an dieser ursprünglichen Naturlandschaft, kein Weg hier, wir springen und laufen über die runden Steine und weichen Moose durch den Wald, Vögel zwitschern, sogar eine Nachtigall hören wir. Wir klettern auf die großen Steine wegen der sagenhaften Aussicht. Zwei Stunden sind wir schon unterwegs, als plötzlich wieder Nebel aufzieht und unsere Lagune mit Nebelschwaden umhüllt. Wir knipsen, jedes Motiv ist noch schöner. Auf dem Rückweg finde ich ein Elchgeweih, das muss mit, irgendein Platz muss sich noch finden auf dem Schiff. Am Abend sehen wir fast unsere Nachbarboote nicht mehr im Nebel.
Schärenlandschaft auf Ringsön
Elch, Hirsch oder Rentier? Wer`s weis, bitte melden!!
abends zieht Nebel in unsere Lagune
Sonntag, 13. Mai
Morgens immer noch Nebel, winterlich sieht es aus. Die zwei schwedischen Boote legen ab und wir müssen auch, wer weiß wann der Nebel abzieht und für den nächsten Tag ist Starkwind angesagt. Wir wollen dann in einem sicheren Hafen liegen. Wir installieren unser Radargerät, die elektronische Seekarte ist heute auch sehr hilfreich. Wir fahren immer 500 m hinter der Nebelwand. Ich hatte erst bedenken, aber eigentlich ist diese Fahrt auch nicht aufregender, als wenn man dauernd die Steinhaufen sieht. Heute sind sie weg, wir sind angewiesen auf die Karte und das GPS, wir ziehen nur unsere Spur durch den Nebel, im Großen und Ganzen nach Norden, aber halt immer um die Steinberge herum. Ein richtiges „Sauwetter“ kommt jetzt auf mit Sprühregen, dazu ein starker Wind. Wir staunen über kleine Schären mit schönen Häusern darauf. Es scheint einige Schweden zu geben die eine Schäreninsel mit ca. 100 bis 200 m Durchmesser mit Haus, Saunahaus und Bootsanleger als Ferienhaus besitzen. Schön ruhig und einsam und allein, nur mit dem Boot zu erreichen.
Der Nebel ist nicht sehr dicht, aber in den Schären reicht das schon!
Kurz zu den schwedischen Karten, die wir hier benutzen. Ein Kartensatz von dem Gebiet Stockholms Skärgard zum Beispiel, besteht aus ca. 20 Einzelblättern. Für unsere geplanten 30 Seemeilen müssen wir die passenden Blätter raussuchen, ein fürchterliches Puzzle und eine richtige Übersicht fehlt. Auf dem Laptop sehen wir auch immer nur einen kurzen Abschnitt. So in der Gegend von Törnskär passiert es dann, wir segeln in ein falsches Fahrwasser, es gießt wie aus Kübeln, das ist gar nicht lustig. Zum Essen gibt’s heute auch nichts Rechtes. Dafür wird die Sicht jetzt besser, aber das Wasser wieder optisch verblockt. Am Abend haben wir mit 7 Meilen Umweg unseren Anlaufhafen Nynäshamn erreicht. In Erwartung des Starkwinds vertäuen wir unser Schiff extra sicher. 32 Seemeilen ist das Etmal heute, ganz schön anstrengend ist die konzentrierte „Tonnensegelei“. Der Fährhafen (Fähren nach Gotland, St. Petersburg und Kiel) ist schräg gegenüber dem Gästhamn und wir können der Gotlandfähre noch beim An- und Ablegen zusehen.
Montag 14. Mai
Wider Erwarten eine ruhige Nacht, aber am Morgen Sprühregen, kein Tag zum freiwillig segeln, wir bleiben da, kaufen Gemüse, lassen uns die Sauna einheizen. Im Hafen wenig Schiffe, die leeren Festmachertonnen tanzen auf dem Wasser in einer Reihe auf und ab. Die netten Häuschen mit den Geschäften am Hafen sind auch noch zu. Offen ist die tolle Rökeri, da kaufen wir einen Räucherfisch. Der angesagte Starkwind kommt, wir bleiben und machen unsere Kuchenbude auf das Cockpit, so haben wir mit dem Zeltdach unsere Wohnfläche auf dem Schiff erheblich vergrößert und unser Skipper kann hier mit Wireless Lan und Heizlüfter im „Wintergarten“ arbeiten. Uwe schwätzt mit Nachbarn über Kurzwellen-Thema, hilft überfordertem Ehepaar beim Anlegen, ist nicht einfach bei Starkwind, erst recht nicht, wenn man in Finnland das Schiff gerade gekauft hat und noch nicht vertraut ist. Drei Tage wohnen wir in Nynäshamn.
Nynäshamn Kyrka
Die Saison hat noch nicht begonnen, alle Festmacherbojen sind noch frei
Nach dem Stürmchen in Nynäshamn zeigt sich wieder die Sonne