Am nachmittag spazieren wir am Ufer entlang durch den dichten Birkenwald und hoffen, dass wir morgen früh weiterkommen, in der Stadt Lulea sind wir mit Gerd verabredet, er will uns ein paar Tage auf der Momo begleiten.


Rückseitenwetter in Batskärnes

14. Juli wir müssen los, bei starkem Westwind unter Segel und wieder zusätzlicher Motorhilfe kämpfen wir uns durch in Richtung Lulea. Die Windrichtung und das Ziel Lulea passen absolut nicht zusammen. Wir müssen genau gegenan. Bei wenig Wind geht das schon, aber leider legt er wieder mal kontinuierlich zu, so dass wir manchmal nur noch mit 3 Knoten vorwärts kommen. Wind dagegen und Strom dagegen, so macht das überhaupt keinen Spaß!

Wir versuchen es mit Kreuzen, was in dem steinigen Gewässer keine Kleinigkeit ist. Böen bis 33 Knoten, der Wind kachelt aus NW jetzt in Böen bis Stärke 8. Es ist wieder einer von den härteren Tagen! Ich bekomme ein zweites Reff ins Großsegel (kann mich nicht erinnern, wann es dies schon mal gab an Bord der Momo) auch der Klüver wird verkleinert. Der anfangs hellblaue Himmel bewölkt sich, Schäfchenwolken bilden sich, sie werden grau, ballen sich zusammen, werden schwarz und kommen unausweichlich auf uns zu. Jetzt wird es richtig ungemütlich, und fängt auch noch an zu regnen

heute ist ein harter Tag

Um 16.30 Uhr haben wir es bis zum Fahrwasser der 70 000 EW Stadt Lulea geschafft, Segel runter und mit Motor gegenan, vorbei an den Verladestationen von Eisenerz aus Kiruna und den Stahlwerken. Zwei Stunden später taucht endlich der Hafen auf, verdeckt von zwei riesigen Eisbrechern. Wir liegen zum ersten mal an so kippeligen Stegen „Brygga“ genannt und kommen uns vor wie beim Bykertreff. Aufgetunte Motorboote rasen rein und raus und verursachen Lärm und Schwell. Aber Hauptsache gut angekommen im Hafen.

Lulea ist der grösste Eisenerzverladehafen in Schweden

Großstadt = Internetcafe, das wollen heute morgen (15.7.) ganz schnell nutzen. Einen Hafenmeister finden wir nicht, Stadtplan haben wir auch nicht, so fragen wir vorbeikommende Fußgänger. Jeder schickt uns aber in eine andere Richtung. Endlich finden wir ein Internetcafe in einer Ladenpassage. Gegenüber ist ein Sex-Shop und ein Kinderbekleidungsgeschäft. Das Internetcafe öffnet nicht, das schwedische Mädchen aus dem Kinderkleidergeschäft ruft ruft beim Betreiber des Cafes an und erfährt, dass er Halsweh hat und heute nicht öffnet. Unglaublich, aber Uwe bekommt den Labtop von der hilfsbereiten Schwedin, sitzt in der Passage im Kunstledersessel und arbeitet. Leider wird er nicht fertig.

Dieses Mädchen leiht uns einfach ihr Notebook. Das gibts bei uns nicht!

Unser Freund Gerd ist inzwischen mit dem Flieger aus Stockholm hier in Lulea gelandet.Wir wollen mit ihm gleich heute nachmittag noch ein paar Meilen zur Insel Junkön segeln.


Beim Auslaufen aus Lulea passieren wir den Eisbrecher "Atle"

Gerd bekommt eine Sicherheitseinweisung, einen Kaffee mit giftgrünen Kuchenröllchen (schwedische Spezialität) und los geht’s. Südwind, immer noch böig und 5 – 6 Bft, ganz ordentlich für den Anfang von Segelneuling Gerd. Es macht ihm aber riesig Spaß und er steht auch sofort am Steuer und fährt nach Anweisung zwischen den roten und grünen Tonnen durch. Drei Stunden später tasten wir uns in den recht kleinen Hafen und stellen fest, dass wir unter Heckanker anlegen müssen. Darauf sind wir nicht vorbereitet, also nochmal rausfahren, Heckanker klarmachen und wieder rein.

Gerd soll auf Kommando den Anker werfen und ich stehe vorne am Bug mit den Vorleinen, da höre ich unseren Skipper Vollgas geben und sehe eine Rauchwolke. Wir stecken kurz im Schlick der Hafeneinfahrt fest, kommen aber mit Motorengewalt wieder frei. Inzwischen sind die Schweden etwas zusammengerückt, Gerd wirft hinten den Heckanker raus, ich kümmere mich um die Vorleinen und fertig ist das lange nicht mehr praktizierte Anlegemanöver.

Nach dem lauten Stadthafen sind wir wieder an einem idyllischen Platz gelandet mit aneinandergereihten kleinen roten (wie auch sonst) Hüttchen, darin eine kleine Kneipe, Museum, Aufenthaltsraum und Dusche. Eine Grillhütte und eine Sauna stehen vor einem Teich und ein Wäldchen lädt zum Spazierengehen ein. Die Insel Junkön scheint ein Insidertip für die Schweden aus Lulea zu sein, sie kommen hierher mit Kind und Kegel zum Spielen, Angeln und Grillen. Wir finden problemlos Anschluß. Wenn nur nicht die Schnaken wären, Gerd hat dagegen Antibrumm mitgebracht, das hilft. Wir sind schon lange in der Koje, da spielt und singt auf dem Nachbarschiff immer noch wunderschön „Reinhard Mey“ auf seiner Gitarre.

Junkön ist ein Geheimtipp

Am 16. 7. holen wir um acht Uhr früh den Heckanker hoch und ziehen zur nächsten Insel weiter, zur Insel Mellerstön, 32 Seemeilen entfernt. Die See ist heute eine bleierne Fläche, kein Wind und die Sonne schafft es auch nicht durchzukommen, ich höre was von „Halo Effekt“. Wir motoren durch den Kvarngrundet und tasten uns langsam (in der Karte sind keine Tiefenangaben verzeichnet) in die Naturbucht von Mellerstön. Gerd lässt den Anker fallen, dann warten wir mal ab ob er hält. Hält nicht, also wieder hoch, aber was für ein Dreck hängt da an der Kette und erst recht am Anker. In einer Schlick-Schlammpackung ziehen wir ihn hoch, die Ankerform ist nicht mehr zu erkennen. Wir versuchen ein neues Anlegemanöver am kleinen Holzsteg mit dem Heckanker, so können wir auch ohne Beiboot ans Land - denken wir. Wir trinken gemütlich unser wohlverdientes Anlegerbier, da drückt der stärker werdende Wind gegen unsere Breitseite und der Heckanker hält unsere 14 Tonnen Gewicht nicht mehr.

Nochmal ein Ab- und Anlegemanöver! Wir fahren wieder mitten in die Bucht, lassen unseren frisch geputzten Anker wieder fallen, diesmal mit Erfolg. Jetzt wird ein neues Anlegerbier fällig. Mit dem Beiboot fahren Gerd und Uwe noch zum Angeln, sie bringen jedoch keinen Fisch mit. Zum Essen gibt’s jetzt Kötbullar, pech gehabt. Die Umgebung ist traumhaft schön, Schilfgras (Schnaken gegen Antibrumm), die Reiher stehen am Ufer, ob die wohl einen Fisch finden?

ein guter Golfschwung zahlt sich auch beim Angeln aus
heute sind wir zu zweit am Ankerplatz

Ein neuer Tag beginnt und eine neue Insel steht auf dem Programm: Rönnskär. Anker auf, wieder hängt eine Riesensauerei dran. Nach dem Motortag gestern gibt es heute Südwind, Stärke 4 Bft, aber leider nur kurz. Die Wolken sehen nicht mehr schön aus, Gerd und ich und wir wechseln zu Schwerwetterkleidung, nur unser Skipper trägt noch Jeans als er das zweite Reff einbindet. Da der Wind mal wieder uns entgegenkommt klatschen die Wellen hoch aufs Schiff, patschnass ist Uwe jetzt.






Eisern steuert Gerd bei Windstärke 7 seinen angeordneten Kurs: 132°.Er schaut wohl zu oft auf den Kompass und dabei erwischt ihn jetzt die Seekrankheit. Mit Superpep kriegen wir dieses Problem aber in den Griff, nicht aber unseren Kurs. Wir müssen uns der Natur beugen, dem Wind nachgeben und einen Kurswechsel zum Hafen Haraholmen vornehmen, wir brausen jetzt raumschots dem häßlichsten Hafen entgegen. Er liegt nahe der Stadt Piteau, umgeben von Lagerhallen, Silos und Bahngleisen. Wir sind jedoch froh, überhaupt in einem Schutzhafen zu sein und versuchen an einem lommeligen Steg festzumachen, der hat aber nicht mal eine Klampe oder einen Ring zum Festmachen. Wir handeln uns dabei nur einen Kratzer ein und probieren jetzt an einer „Brygga“ anzulegen. Klappt! Fix +Fertig für heute: Anlegerbier, Buchstabensuppe, lesen, schlafen, angeln, Skat und ab in die Koje. Streckenmäßig haben wir keine Meilen gut gemacht, wir sind eigentlich nur im Kreis gefahren.