der nächste Abschnitt unserer Reise führt von Nyköping aus durch den Götakanal nach Göteborg
Samstag, 21. Juli, ZURÜCK IN SCHWEDEN.
Momo steht, wie wir sie verlassen haben, gut vertäut im großen Hafen von Nyköpping. An Bord der MOMO, ist die Unterbrechung mit Rasen mähen, Hecke schneiden, Post aufmachen, Oma und Freunde besuchen, sofort Vergangenheit.
Inzwischen wird die Nachbarin von Detlef und Gerti sicher schon ihre Vorhänge gewaschen haben. Als Präsent hatten wir zum Grillabend Detlef und Gerti die schwedische DELIKATESSE „SÜRSTRÖMMING“ mitgebracht. Die Fischdose hielten wir zum Öffnen vorschriftsmäßig im 45 Grad Winkel. Es kostete uns große Überwindung einen Happen zu probieren. Ein beißender Gestank, wie Gülle, breitete sich im ganzen Vorgarten aus und es dauerte auch nicht lange, da hörten wir die Reihenhausnachbarin vom Balkon oben rufen: „Isch alles en Ordnung bei eich?“ „En maim Schlofzemmer schtenkts, i muss morga mai Vorhäng wäscha!“. Das war wohl etwas übertrieben, aber die eingelegten Heringe nach Schweden Art sind absolut nicht nach unserem Geschmack. Auch nicht wenn man das passende Tunnbröd und das spezielle Bier dazu reicht.
diese Büchse ist eine wahre Stinkbombe und nichts für empfindliche Nasen
Wir machen Momo wieder seeklar, kaufen Proviant, und einen Brotbackautomaten, an das süße Brot können wir uns einfach nicht gewöhnen. Da für die nächsten zwei Tage Starkwind angesagt ist, bleibt uns Zeit durch Nyköpping und am herrlichen Fluss Nyköppingälv entlang zu radeln. Immer mehr Boote laufen jetzt ein und suchen einen sicheren Hafen.
Am Montag Nachmittag hat Uwe die Schnapsidee, nachdem er WEB-RADIO installiert hat, ein mail an MATTHIAS HOLTMANN zu schicken. Fünfzehn Minuten später, gleich zu Beginn der Sendung, wir glauben nicht recht zu hören, gibt Herr Holtmann unseren Text weiter:
...“Brigitte und Uwe Moser, sitzen auf ihrem Schiff in Schweden und hören jetzt SWR 1, da sie den anderen Sender auf Kurzwelle satt haben. Sie warten auf eine Wetterbesserung zur Weiterreise in die schwedischen Schären...“. „Sie wünschen sich das Lied von Rod Stewart: SAILING“.
Bitte melden, wer den Beitrag gehört hat am Montag, dem 23. Juli.
Nyköping bei Nacht
und der Fotograf im Einsatz
Dienstag, 24, Juli, Nieselregen, grau der Himmel, nur ganz wenige himmelblaue Flecken blitzen durch. Egal, wir lösen die Leinen von unserem schwimmenden Zuhause, Kurs NORRKÖPING.
Lautlos segeln wir den schmalen, betonnten Nyköping Fjord hinaus und hören das Rascheln des inzwischen hoch gewachsenen Schilfgrases. Im Schlepptau hinter uns zehn weitere Segler. Lecker schmeckt das selbst gebackene Vesperbrot. Mittags, am Leuchtturm Kölhalsen, bergen wir die Segel, durch den Braviken Fjord müssen wir mit Maschine. Der Wind ist zu schwach, um uns nach Norrköping zu bringen. Meilenweit umgibt uns steile Felsküste. Ein seltenes Bild, kaum Segler sind unterwegs, die sind alle nach Arkösund abgebogen.
nach zwei Tagen Starkwind verlassen viele Segler Nyköping
durch das enge Fahrwasser
vorbei an Oxelösund mit seinem Stahlwerk
das leckere Brot aus der Momo-Bäckerei
Vor Lindöhamn empfängt uns beißender Schwefelgeruch. Tanks und Silos stehen entlang des Motola Ströms, der zur Stadt Norrköping führt. Wir biegen aber vorher an der ROTE TONNE NUMMER 7 vom Fahrwasser ab und steuern den HAFEN LINDÖHAMN an. Jetzt nimmt Wassertiefe kontinuierlich ab: 14 m – 8 m – 4,20 m – 3,80 m – 2,90 m, jetzt nur noch 2,60 m – geschafft. Ruhig ist es im Hafen. Wir liegen weit außerhalb der Stadt Norrköping und schaffen gerade noch eine Runde MINIGOLF, soeben haben die Profis dort ihr Turnier beendet. Auf dem tollen Platz macht das richtig Spaß!
Minigolf ist fast Nationalsport in Schweden
Mittwoch, 25. Juli. Heute wollen auch wir nach ARKÖSUND. Bei herrlichem Sonnenschein machen wir noch einen kurzen Abstecher, fahren den Motola Ström hoch, vorbei an den riesigen Tanks und Silos, Schrott- und Kohlebergen, Baumstämmen und Verladestationen, bis uns die Brücke in Norrköping den Weg versperrt, dort drehen wir wieder um.
NORRKÖPING ist mit 120 000 Einwohnern die fünft größte Stadt in Schweden und Zentrum der Metall-, Papier-, Kunststoff- und Elektroindustrie.
Anfang August findet laut Infoprospekt der Karneval und die schwedischen Meisterschaften im Musikfeuerwerk statt. Ohne uns, wir müssen weiter!
Nach Norrköping schauen wir nur kurz rein
tolle Wolkenstimmungen begleiten uns auf der Fahrt nach Arkösund
Im BRAVIKEN FJORD segeln wir ganz allein, Erst am Nachmittag sind wir mitten drin, im ÖSTERGÖTLANDS SKÄRGARD und ständig grüßen wir wieder die vielen schwedischen Segler. Wohin wir auch schauen, zum Greifen nahe, Inseln und Steine. Ein schöner Segelwind verhilft uns zu 6 Knoten Fahrt und irre Wolkenbilder fegen über uns hinweg.
Durch den Lindofjärden laufen wir bei ARKÖSUND den ringsum von Wald und Schilf umgebenen Anleger NORDANSKROG an. Ganz idyllisch sitzen wir nun bei Entengeschnatter im Cockpit und bald riecht es auch nach frisch gebackenem Brot aus der MOMO-Bäckerei. Die Heidelbeeren sind jetzt auch reif, wir müssen mal Heidelbeer-Xäls (Marmelade) kochen wenn wir mal Zeit zum Beeren pflücken haben.
Arkösund ist eigentlich immer "crowded", aber gleich um die Ecke in der Bucht von Nordanskrog ist es herrlich ruhig
Donnerstag, 26. 7., Wir suchen eine versteckte Bucht zwischen den Inseln STYRSÖ und GILLERSHOLMEN. Unterwegs, im Äspöfjärden ist die Hölle los, kreuz und quer huschen die weißen Segel in der auffrischenden, böigen Brise aus West-Südwest. Ja keine rote und grüne Tonne jetzt verpassen! Eine ganz besondere Tonne ist dabei, MIT KRONE!
die Kaisertonne im Aspöfjärden
Ganz vorsichtig tasten wir uns in die Bucht hinein, versteckte Steine lauern. Auf Position 58°23,7 N und 016°55,86 E fällt unser Anker am frühen Nachmittag auf vier Meter Tiefe. Ein Schiff aus Krefeld liegt hier noch vor Anker und ein schwedisches Boot liegt am Felsen. Jeden Tag sind wir auf dem Wasser, heute springen wir in die Ostsee. Ich nutze die Gelegenheit und putze den schmutzig gewordenen weißen Streifen (am Wasserpass) von Momo. Mit dem magnetischen Griff kann ich mich am Rumpf des Schiffes festhalten, die andere Hand schrubbt und die Füße treten im Wasser.
Schafe weiden direkt am Ufer und die glatten runden Felsen leuchten rot-grau-marmoriert in der Sonne. Die Seeschwalben und Möwen kreischen ihr Abendlied. Ankern in einer geschützten Bucht ist herrlich, da verzichten wir gerne auf Landstrom, Sanitärgebäude und Hafenkiosk. Das Wetter muss aber stabil sein.
unser Wasserpass hat eine Wäsche nötig
Möwen und Seeschwalben "singen" uns ein Lied
in der Abenddämmerung ein Ausflug mit dem Dinghy
Freitag 27.7. um 6.00 Uhr früh frischt der Wind auf und dreht auf Süd, das war so nicht abgesprochen. Unsere Ankerkette streckt sich und das Ufer mit den Schafen ist näher gekommen.
Vom Schlafanzug ins Ölzeug! Es regnet, wir sind „standby“ zum Ablegen, ein kleines Frühstück noch, bevor es um 7.55 Uhr heißt: Anker auf, zum nächsten Hafen STEGEBORG.
Gegenverkehr im engen Fahrwasser nach Mem
eine typische Kormoraninsel - alles kahl
Kajakfahren in den Schären wäre auch mal toll, aber nicht bei diesem Wetter
Mit dem Südwind segeln wir „hoch am Wind“ im Lönshuvudfjärden. Es ist kalt, und nass. Der Küstenwetterbericht meldet: „possibly thunder“, das sagt der so einfach, wir müssen durch, so oder so. Eine wunderschöne Schärenlandschaft zieht vorbei, Kormorane auf den Bäumen, zwischen den Inselchen tauchen Kajaks auf. Kajak fahren ist auch toll hier,aber nicht jetzt. Eine schwarze Wolkenwand wälzt sich auf uns zu und schüttet die Wassermassen über uns aus. Im Reff unseres Großsegels, in der Falte, sammelt sich eimerweise frisches Regenwasser.
eine Kaltfront zieht durch und wir werden richtig nass
Durch die Engstelle Ettersundet noch, dann haben wir auch gleich den Liegeplatz unterhalb der hohen STEGEBORG erreicht, bevor sich der „thunder“, der jetzt nicht mehr possibly ist, über uns mit 8 bis 10 Windstärken austobt. Kurz darauf, als wäre nichts gewesen, liegt die Burg in herrlichstem Licht da und zwei Regenbogen spannen sich über den Sund, der die Insel vom Festland trennt.
Im Nachbarboot macht sich jetzt die schwedische Dame landfein, im traditionellen maritimen STREIFENLOOK. Auch wir gehen Mittagessen im Hamnkrog und auf Erkundungstour zur Schlossruine. Diese gehörte im Mittelalter zu den wichtigsten Festungen in Schweden, König Johann III. kam hier zur Welt und viele bewaffnete Konflikte wurden hier ausgetragen. Mit der Fähre fahren wir auf die andere Uferseite, um die Burg noch aus einem anderen Blickwinkel fotografieren zu können.
Nun bauen wir unser Segelboot zu einem (fast) Motorboot um. Die Segel werden alle abgedeckt, die Schoten weggepackt, dann bringen wir Leinen an, die zum Schleusen nötig sind. Sämtliche Fender liegen an Deck bereit. Die Spannung steigt. Morgen geht’s los, mit dem GÖTAKANAL.
Stegeborg noch dem Gewittersturm
Zeit für ein Mannschaftsbild
die Dame vom Nachbarschiff hat sich landfein gemacht - im trendigen Streifenlook
Samstag, 28. 7.
BEGINN UNSERER BINNENSCHIFFAHRT
Die Durchquerung Schwedens von Ost nach West. Von Mem, südlich von Stockholm, bis Göteborg.
Die Strecke wird Schwedens Blaues Band genannt und zieht sich über rund 400 Kilometer durch Kanäle, Flüsse und Seen und gilt heute als kulturhistorisches Denkmal.
In Mem beginnt der GÖTAKANAL mit dem östlichen Teil, dem Ostgötadelen, daran schließt sich der See Vättern an, weiter führt der Abschnitt Västgötadelen, nun im Anschluss der nächste See, der Vänern, ab dort folgt der TROLLHÄTTAN KANAL.
Die Strecke des Götakanal wird heute nur noch von Freizeitbooten und den gewerblichen größeren Passagierschiffen, wie der JUNO, DIANA und der WILHELM THAN befahren. Der sich anschließende Trollhättan Kanal dagegen erlaubt auch Schiffen bis 4000 Tonnen Ladung die Durchfahrt, allerdings nur bis zum See Vänern, da ist Endstation.
DIE GESCHICHTE DER WASSERSTRASSE:
Bereits im Mittelalter wurden die vielen Seen als Transportwege für schwere Güter benutzt, trotz des ständigen Umladens auf Pferdekarren. Auf die Idee von Bischof Brask hin, eine Wasserstraße quer durch Schweden zu bauen, begann man im 16. Jahrhundert bei Norsholm, doch die Schleusenwände des „Braskens-Graben“, wie man ihn nannte, hielten nicht lange.
Erfolgreicher entstanden unter König Karl IX im Jahr 1607 erste Abschnitte des TROLLHÄTTAN KANALS. 1609 begann man die Wasserfälle zu umgehen, die Strecke heißt heute noch „Karls Graben“.
Unter König Karl XII (1682-1718) erhielt der Ingenieur Christopher Polhem den Auftrag, den Kanal vom See Vänern bis ins Kattegat fertigzustellen. Die Arbeit begann bei den Trollhättan-Wasserfällen, wurde jedoch unterbrochen als der König fiel, die finanziellen Mittel erschöpft waren und ein Erdrutsch große Teile der Arbeit zerstörte. Das Projekt wurde für undurchführbar erklärt.
Erst dreißig Jahre später, 1748, sollte der inzwischen 87 jährige Polhelm den Kanal zu Ende bauen, er verstarb jedoch bald und sein Nachfolger Wiman baute die Brinkebergskulle im Jahr 1753. Die Öffnung der Klapptore erfolgte über ein Wasserrad, was sensationell war.
Erst Mitte des 18. Jahrhunderts, nach mehreren misslungenen Versuchen der Umgehung der Wasserfälle bewältigte die Gesellschaft Trollhätte Canal mit dem Direktor Baltzar von Platen dieses Problem. Acht Schleusen wurden in den Fels gesprengt und nach 200 Jahren, genau am 14. 8. 1800 konnten die ersten Schiffe durch alle Schleusen des Trollhättan Kanals fahren.
Zehn Jahre später, im Mai 1810 begannen die Arbeiten des GÖTAKANALS unter Leitung von Baltzar von Platen. Von Platen, auf Rügen geboren, brachte sein Wissen aus seiner Mitwirkung am Bau des Eiderkanals (1784) ein. (Der Eiderkanal war der Vorläufer des Nordostseekanals). Ihm standen Spezialisten aus England und Schottland zur Seite. Der Bau des Götakanals war der Beginn der schwedischen Industrie, vorher war Schweden ein reines Agrarland. In den errichteten Fabriken der direkt am Kanal gelegenen Städte Forsvik und Motola, wurden die Brücken- und Schleusenteile aus Eisen hergestellt
58 000 Mann, größtenteils Soldaten, arbeiteten 23 Jahre lang an dem Projekt. In Handarbeit, mit eisenbeschlagenen Holzspaten bewegten sie 8 Millionen Kubikmeter Erdmassen und sprengten mit Pulver 200 000 Kubikmeter Gestein. Die tägliche Arbeitszeit ging von 5.00 bis 21.00 Uhr, eine Mittagspause dazwischen. Verpflegung, Branntwein und Gottesdienste organisierte die Kanalgesellschaft. Die Branntweinration betrug pro Mann in der Woche ein Liter. Das ergab insgesamt 8 Millionen Liter Branntwein während der ganzen Bauzeit.
1822 war der westliche Teil des Götakanals zwischen Sjötorp und Hajstorp fertiggestellt. Langsam ging der Bau bis Mem voran, da die finanziellen Mittel wieder aufgebraucht waren.
Am 26. Sept. 1832 weihte der König Karl XIV Johann den gesamten Kanal ein, jedoch ohne Baltzar von Platen, der war 3 Jahre vor Vollendung seines Werkes gestorben. Beigesetzt ist er in Motala mit Aussicht auf den Kanal, Treppenstufen führen vom Kanal hoch zu seinem Mausoleum.
Frühmorgens starten wir unser „Motorboot“ bei Südwestwind der Stärke 6 und fahren unter Maschine 6 Seemeilen bis zur ersten Schleuse im GÖTAKANAL in Mem.
der Västgötadelen bringt uns von Mem nach Motala
das Höhenprofil des Götakanals
Los geht es im Östergötadelen, dem östlichen Teil des Göta Kanals, zwischen Mem und Motala, die Strecke führt durch schwedisches Kulturland und hat in diesem 50 Seemeilen langen Streckenabschnitt 37 Schleusen, 88 Höhenmeter zu überwinden und 26 Brücken müssen passiert werden. Die Strecke führt über Kanalabschnitte zum schmalen Asplaangensee und weiter zum Roxen-See.
Wir sind um 10.50 Uhr vor der MEM-Schleuse, bezahlen die Kosten von umgerechnet. 550 Euro für Schleusen- und Hafengebühren für die komplette Strecke des Götakanals zwischen Mem und Sjötorp, dabei ist es egal, ob man den Kanal ganz schnell oder gemütlich mit vielen Zwischenstopps durch fährt.
Jetzt geht`s los: Die Schleuse hat eine Länge von 35,65 m, eine Breite von 7,18m, tief ist sie 2,97 Meter. Außer uns wartet noch eine Hallberg Rassy aus Greifswald, die LOTUS, mit einem Ehepaar und ein kleines Chartermotorboot mit Familie aus Lüneburg und noch ein weiteres Boot mit einem Berliner Ehepaar – also zufällig eine rein deutsche Schleusenbesetzung. Die Schleusen werden von Studenten und Studentinnen bedient, die hier für zwei Monate einen Sommerjob haben.
Der spannende Moment – das rot weiße Freizeichen erscheint und das Untertor geht auf.
wir erreichen Mem mit der ersten Schleuse
... aber erst bezahlen, bei Balthazar von Platens Nachfahren - die Passage bis Sjötorp kostet 5000 Schwedenkronen
Vor dem Schleusentor und der Mauer verengt sich die Fahrrinne. Vorher, in der Kurve, springt die Crew aus dem Boot, in den Händen die losen Enden der an Bord belegten Vor- und Achterleine. Jetzt steige ich an der gemauerten Schleusenwand hoch, das Schiff folgt mir an der immer länger werdenden Leine, jetzt liegt es tief unter mir in der Schleusenkammer. Weil wir das größte Schiff sind, werden wir von der jungen Schleusenwärterin angewiesen, bis auf eine halbe Schiffslänge vor das Obertor zu fahren. Ich hänge die Schlaufe der Achterleine über den Ring, Uwe nimmt am Schiff die Leine dicht, sie läuft senkrecht hoch. Inzwischen gehe ich mit der Vorleine bis zum vordersten Ring am Obertor und hänge die Schlaufe ein, der Abstand zu MOMO beträgt eine halbe Schiffslänge. Jetzt muss der Skipper diese Leine, sie läuft am Bug der Momo durch eine Rolle und führt zurück bis zum Cockpit, über die Winsch legen und so dicht wie möglich nehmen, aus der Hand wäre diese Leine unmöglich zu halten. Gleichzeitig muss er immer darauf achten, dass er genügend Abstand zum hinteren Boot und dem Boot neben ihm behält. Ich sehe aus vier Meter Höhe dem Treiben in der Schleuse jetzt nur noch untätig zu. Ein vorbeikommender Radler klärt mich so lange auf, dass der Kanal „der Trennungskanal“ genannt wird. Er meint das zwischenmenschlich.
Die Familie auf dem kleinen Motorboot ist total hektisch, sie haben das Boot hier gechartert und alles ist neu für sie. Der Skipper auf der Rassy bestückt sein Schiff mit weiteren Fendern, weil er meint Momo kommt ihm zu nahe. Endlich sind alle fest. Die junge Schleusenwärterstudentin macht das Untertor zu und jetzt kommt der Hammer: Wie ein Wasserfall strömt das Wasser durch das vordere Tor. Momo bäumt sich auf wie ein wildes Pferd, Uwe winscht die Vorleine ständig dichter, unwahrscheinliche Kräfte wirken hier, auch die Heckleine muss gestreckt und entsprechend eingeholt werden. Momo kommt höher, der Wasserspiegel in der Schleuse steigt und steigt, die Fender, angebracht an der Reeling, ziehen, zerren und rubbeln an der rauen Hafenmauer - schrecklich anzusehen. Endlich steht Momo neben mir, auf gleicher Höhe, das Obertor geht auf, jetzt Leinen vorne und hinten aushängen, aufs Schiff werfen und schleunigst einsteigen. Nach diesem Akt sind wir nun DREI METER ÜBER MEERESHÖHE.
jeder nimmt seinen Platz ein, die Motorbootcrew ist ein bisschen hektisch (der Skipper brüllt seine Jungs an) ...
... und dann geht der Tanz los
Marija-Elena ist Studentin und hat einen der heiß begehrten Jobs am Götakanal ergattert
... und so lässt sie das Wasser in die Schleusenkammer schießen
Jetzt sind wir im Kanal, Schilf am Ufer, das Land liegt leicht unterhalb, witzig anzusehen. Zwischen fünfzehn und dreißig Meter ist der Kanal nur breit, fünf Knoten Höchstgeschwindigkeit sind höchstens vorgeschrieben, so tuckert immer ein Schleusenkonvoi nach dem anderen gemütlich hintereinander her, überholt wird nicht. Nur ein deutsches Boot überholt uns, schreit zu uns herüber, dass ihr Bugstrahlruder defekt sei und sie nicht richtig manövrieren könnten – so ein Quatsch! Ab und zu kommt Gegenverkehr, manchmal auch ein großes Ausflugsschiff wie die Juno oder die Diana oder die Wilhelm Tham oder ein Großsegler, dann wird es richtig eng, vor allem flach am Ufer zum Ausweichen.
Die ZWEITE SCHLEUSE kommt bald darauf, mir bleibt trotz unseres Schneckentempos kaum Zeit die waldreiche Gegend anzusehen, ich sortiere und schieße gleich wieder die Leinen auf. Vor der nächsten Schleuse, der TEGELBRUKET müssen wir alle erst mal warten. In der Zwischenzeit überrascht uns ein Regenschauer. Dann beginnt das gleiche Spiel wieder von vorne, nur das Einparken in der Schleuse geht schon zügiger, der Platz und die Reihenfolge bleibt gleich. Leider sind wir jetzt immer vorne am Tor, das Boot hinter uns, der Berliner mit seiner finnischen Frau -man lernt sich langsam kennen - liegt wesentlich ruhiger beim Schleusen.
Bei der DRITTEN SCHLEUSE in SÖDERKÖPING liegt der Ausstieg extrem in der Ecke, die enge Kurve fällt Momo schwer. Ich darf den Absprung nicht verpassen, die Sprungelenke schmerzen mir JETZT schon. Raus hechten und mit den Leinen die steile Böschung hoch laufen. Festmachen. Routine - fast, jedoch jedes mal aufregend, ja nicht die langen Festmacher verlieren! Tor zu, Wasserfall, Momo steigt und steigt. Das Schleusentor geht auf, Motor starten, Leinen aushängen, ins Boot springen, weiter.
immer schön den Bug an der Schleusenmauer halten
beim Aufwärtsschleusen wird die Schlinge von der Leine über den Ring gelegt
Hinter dieser Schleuse liegt Söderköping. Von unserem leicht erhöhten Kanallauf, sehen wir ein buntes Treiben, viele Menschen, Eiscafes, Kioske, Restaurants und Straßenveräufer. Die Anlegeplätze entlang des Kanals sind fast belegt, wir finden gerade noch eine Boje, die ist zwar zu kurz, aber in der Masse zwischen all den Schiffen stehen wir stabil. Da hören wir auf einmal schwäbisch! Neben uns ein Boot aus Plochingen.
Der erste Schleusentag ist geschafft, wir sind nur 10 Seemeilen weit gefahren haben eine Höhe von 7,50 Meter mit drei Einzelschleusen erklommen. Das Wetter, sehr abwechslungsreich, von allem etwas, im Moment ist Sommer, es herrscht Volksfeststimmung, à la Schweden und aus jeder Kneipe ertönt eine andere Musik, auch „Kanaldans“wird geboten. Das Beste im Land der Elche und Volvos ist aber der „Allsang“: Schwedische Lieder zum Mitsingen. Die Band spielt vor, das Publikum singt begeistert nach.
Der Ort Söderköping ist im 13. Jahrhundert als Lübecker Handelskolonie gegründet worden und war im Mittelalter einer der wichtigsten Handelsplätze, da lag das Land noch auf Meereshöhe. Im Laufe der Zeit ist Söderköping durch die Landhebung vom Meer abgeschnitten worden. Wir schauen uns die idyllische Kleinstadt mit den niedrigen Holzhäusern an, die inmitten blühender Gärten stehen. Die Kirche Laurenti ist aus dem 13. Jahrhundert. Den 76 Meter hohen Ramunderberg besteigen wir auch noch. Direkt gegenüber von unserem Liegeplatz, an der Promenade, steht Bondens Creperie und Landhandel, dort essen wir heute Crêpe mit Lachs und einen hochinteressanten Salat.
Söderköping ist einer der größten Orte am Kanal und hier ist richtig was los
die Altstadt von Söderköping mit der Kirche Laurenti
Sonntag, 29. Juli. Unser LEBEN IM KONVOI beginnt wieder um 9.00 Uhr früh. Wir warten mit vielen anderen Schiffen auf die Brückenöffnung. Aufstoppen, vor- zurück – vor, rechtes Ufer, linkes Ufer - endlich das grüne Licht. Die Autos auf der E 22 müssen warten.
Vor der ersten Schleuse DUVEKULLEN, UNTERE HUB, ist wieder Stau, die ersten vier Boote verschwinden in der Schleuse. Wir sind dann der nächste „Konvoi“. Bekannte wieder dabei, das kleine Motorboot mit der hektischen Familie aus Lüneburg und Lotus aus Berlin. Aussteigen, Einsteigen, nächste Schleuse: DUVEKULLEN, OBERE HUB. Wenige Kurven weiter folgen, dann die Einzelschleusen MARIEHOV, UNTER HUB, da fällt mir doch die Vorleine in die Tiefe, MARIEHOV, OBERE HUB, dann regnet es mal wieder. Während der Fahrt zur nächsten Schleuse kommen wir durch Wald, Getreidefelder, und Wiesen. Auf gleicher Höhe mit uns grasen Kühe, die „KÖTPRODUKTION“ (Fleischproduktion), das steht wirklich an einem Schild am Hof.
das Leben im Konvoi geht weiter
die "Köt-Produktion" steht am Kanalufer
In kurzer Folge jetzt zwei DOPPELSCHLEUSEN: CARLSBORG. Das funktioniert wie immer, aber nach der Schleusung nicht einsteigen, sondern mit dem Schiff an der Leine vorgehen bis zum nächsten Obertor. Dort wieder einhängen und warten bis das Schiff oben wieder ankommt, aushängen, jetzt aber schnell wieder einsteigen. Weiter. Nicht lange, dann kommt die nächste Doppelschleuse. Gleiches Spiel.
Zur Abwechslung jetzt eine kleine Brücke, aufstoppen, abwarten bis wir grünes Licht bekommen, die Engstelle passieren. Nun fahren wir gemütlich ein längeres Stück ohne Schleusen, der Kanal führt durch den Wald, eine Niveauschleuse folgt, die ist aber offen, eine Drehbrücke als nächstes Hindernis. Von unserem erhöhten Kanalblick aus haben wir einen guten Überblick, sehen die Radfahrer, viele mit Kinderanhänger, manche haben ihre Sprösslinge darin sitzen, andere ihr Gepäck und wieder andere fahren ihre Hunde darin spazieren.
Nach der nächsten Rollbrücke kommt der Ort Lilla Snöveltorp, wir durchqueren einen kleinen lang gezogen See, den ASPLANGEN, dem folgt am Ende wieder eine Einzelschleuse: HULTA. Der Kanal wird jetzt kurviger, führt wieder durch Wald, Schafe liegen am Ufer unter den Bäumen.
die erste Doppelschleuse erwartet uns
das geht jetzt schon ganz routiniert
eine der vielen Rollbrücken
der Hund hat`s gut
Nächste Schleuse: BRATTOM, Hub 2,3 m und dahinter gleich eine Rollbrücke.
Noch eine Brücke. Rotes Ampellicht, wir warten und warten, legen dann am Anleger an und warten. Es riecht nach Essen, im Schiff vor uns wird gekocht. Es ist Abend. Auch wir haben Hunger und fragen uns, ob die Brücke überhaupt noch öffnet heute. – Ja, nach einer Stunde Wartezeit!
Endlich können wir am Anleger in NORSHOLM festmachen, müde und geschafft. Zufällig begegnen wir hier wieder dem Schiff mit der eingebauten Sauna, welches wir in Arholma getroffen haben.
Der Ort Norsholm aus dem 12. Jahrhundert gehörte zum Bischofssitz Linköping. Hier veranlasste Bischof Brask die ersten Grabungen für den Bau der Wasserstraße
Montag, der 30. Juli beginnt um 8.30 Uhr wieder mit Warten und Anstellen für die Öffnung der Straßen- und Eisenbahnbrücke in Norsholm, mit gleich dahinter folgenden Schleuse. Die Eisenbahnbücken versprechen meistens längere Wartezeiten. Aussteigen kann man nicht in der Schleuse Norsholm, hier hängen Leinen von der Mauer herab, mit denen man das Schiff halten soll während des Hochschleusens. Momo halten von Hand! Das ist sehr schwer, ich lege die Leine deshalb um die Klampe am Schiff und verbiege dabei prompt die Reelingsstütze. Eineinhalb Stunden später haben wir Brücke und Schleuse geschafft und sind ganze 300 Meter vorwärts gekommen. Was soll's, die Schleusen und Bücken geben hier den Takt an.
Hafen und Brücke von Norsholm
Jetzt schließt sich dem Kanal der 14,5 Seemeilen lange See ROXEN an, gespeist vom Motola-Ström. 14,5 Seemeilen lang keine Brücke, keine Schleuse! Das Wetter ist durchwachsen, der Wind aber gegen uns, mit Maschinenkraft durchqueren wir den See, kein Problem.
Von weitem sehen wir schon die berühmte SCHLEUSENTREPPE VON BERG. Sie hat ein Gefälle von zwanzig Metern, das terrassenförmig in ganz breiten Wiesenstufen bis zum See herunter reicht. In der Mitte ein dunkler Streifen, das sind die gemauerten Schleusen. 7 Stück hintereinnander. Davor, im Wasser, auf einem langen Wellenbrecher steht die 9 Meter hohe Skulptur „Dubbelgaangaren“. Der visuelle Eindruck erweitert sich, je nach Blickwinkel ständig in neue Dimensionen, wirklich schön anzusehen. Wir haben jetzt auch viel Zeit, denn schon viele Schiffe warten vor der bekanntesten Schleuse des Kanals, der CARL JOHAN Schleuse. die lange Brennweite macht die Schleusentreppe von Berg steiler als sie wirklich ist
diese riesige Figur steht im Roxen vor der Schleusentreppe
erst mal eine Stunde warten bis die Schleusen frei sind
Nach einer Stunde sind wir dran, mit dabei wieder die Lotus, und ein dickes dänisches Schiff. Diesmal ist es sehr sehr eng. Die Lotus und der Däne kommen sich ungewollt ständig nahe, Momo steht extrem weit vorne am Tor und der Schleusenwärter scheint es eilig zu haben, es geht auf Feierabend zu. Das Wasser schießt nur so aus dem Tor und auch aus den Mauerritzen. Sieben Mal hintereinander nun die gleiche Prozedur, zu eng und Wildwasser pur. Ich laufe die Schleusenmauern rauf und runter, während Uwe Leinen dicht nimmt und winscht wie ein Weltmeister um Momo in Zaum zu halten, sehe ich von oben, dass der Lotos Skipper auf seiner Rassy einen elektrischen Knopf zum Winschen hat, sehr bequem und gemütlich sieht das aus. der Skipper der "Lotus" holt die Vorleine per Knopfdruck dicht
der Momo-Skipper muss von Hand kurbeln
und dabei immer aufpassen, dass der Bug nicht von der Schleusenwand wegdriftet, sonst steht das Boot plötzlich quer in der Kammer
Eine einzigartige Kanalstimmung herrscht hier. Viele Zuschauer stehen auf den Schleusentoren und auf der Wiese und sehen neugierig dem Schauspiel zu. Nach zwei langen Stunden haben wir es geschafft und sind 18,8 Meter weiter oben in einem ganz kleinen See mit Anlegemöglichkeit angekommen, dahinter zu sehen, schon die nächsten zwei Doppelschleusen. Heute haben wir aber genug und hängen Momo an eine Boje. Sofort machen es sich die Enten auf den Leinen gemütlich. Neben uns legt der Berliner mit seiner finnischen Frau an und an der nächsten Boje hängt das deutsche Schiff „HARMEN“ mit zwei Gästen, sie machen keinen sonderlich glücklichen Eindruck. Uwe will das Schleusen mal von außen und oben sehen, so wandern wir nochmal die Carl Johan Schleuse hinunter und wieder herauf. Gerade wird ein großer Passagierdampfer geschleust, relaxed sitzen die Gäste an Deck, die Schaulustigen an der Schleuse gucken hinüber, die Schiffspassagiere herüber.
die Crew hat ausnahmsweise mal nichts zu tun
für die Zuschauer ist die Schleusentreppe ein Spektakel
im Hafen von Berg legen auch wir uns an eine Boje
Dienstag, 31. Juli, mit den OSKARS DOPPELSCHLEUSEN beginnt der Tag. Erst wird aber ein Großsegler heruntergeschleust, dann braucht der Passagierdampfer Juno mit seinen als Fender umhängenden Baumstämmen eine ganze Schleuse für sich, dann dürfen wir endlich. Wir arbeiten uns die OSKARS DUBBELSLUSS hoch und die BERG DUBBELSLUSS, da ratscht der Skipper zu dicht am Schleusentor vorbei und – dong dong – im Stahl eine Beule. Er ärgert sich fürchterlich, weil er so blöd gefahren ist und wegen der Beule. Ich ärgere mich, weil er nicht aufhört sich zu ärgern, also sind wir jetzt beide grätig. Jeder wegen einer anderen Sache, aber die Ursache ist die gleiche. Dafür sind wir wieder 10,30 Meter höher.
Nicht weit, da taucht die BRUNNBY SCHLEUSE auf, kurz darauf die HEDA Doppelschleuse und dann liegt der LANKANALEN vor uns, einmal zehn Seemeilen ohne Schleusen. Jetzt eine unübersichtliche Kurve, der „STEUERMANN'S SCHRECKEN“. In diesem Kanalabschnitt sind sieben Rollbrücken zu durchfahren und zwei Aquädukte zu überqueren. Das Aquädukt muss von der Straße aus noch verrückter aussehen, wenn kleine Schiffe oder auch die großen Passagierdampfer ÜBER die Straße fahren.
erst kommt der Traditionssegler dran
auch auf die Juno müssen wir warten
und dann ausnahmsweise mal 10 Meilen ohne Hindernis
Kurz vor BORENSBERG kommt uns der Dampfer "Wasa Lejon" in einer engen Kurve entgegen, wir fahren ganz ans Ufer, die Wassertiefe wird knapp. Die SCHLEUSE BORENSBERG ist noch eine alte handbetriebene, der Schleusenwärter; d. h. der Student, muss sie von Hand auf- und zudrehen. Hier steht auch das GÖTA HOTEL, ein historisches Gebäude, das mehrfach als Filmkulisse diente. Hübsch hier.
Entlang des Kanalufers liegen die Gästeplätze, hier wollen wir festmachen und unseren Schaden von heute Morgen ausbessern. Leider gibt es keinen elektrischen Strom, den brauchen wir aber dazu. Der Skipper will weiter. So fahren wir bei bedecktem Himmel, passend zu der Stimmung an Bord wieder los. Der SEE BOREN muss jetzt durchquert werden, er schließt sich an den Kanal an, ist sieben Seemeilen lang und seicht, an den tiefsten Stellen misst er nur 10 Meter. Die Ufer sind bewaldet und an backbord sehen wir Birgittas Udde, Reste der Burg aus dem 12. Jahrhundert, in der die Heilige Birgitta geboren wurde.
das war richtig eng - die Dampfer dürfen in den Kurven immer die Aussenbahn nehmen
die Schleuse in Borenberg wird noch von Hand betrieben
das Göta Hotel ist das bekannteste Gebäude am Kanal
Nachdem wir eigentlich schon lange Feierabend machen wollten, kommt jetzt wieder richtig Arbeit auf uns zu: die SCHLEUSENTREPPE VON BORENSHULT, dahinter die Rollbrücke. FÜNF SCHLEUSENTREPPEN „lassen“ wir uns hoch schleusen, Hub insgesamt 15,3 Meter. Weitere sieben Brücken folgen, darunter die „30 Öre Brücke“, die wird von Hand geöffnet.
Wir sind kurz vor Motala, dem einstigen Zentrum des Kanalbaus. Wohnhäuser säumen jetzt das Ufer, rechts sehen wir das Mausoleum von Baltzar von Platen (1766 – 1829), links steht noch die traditionsreiche Maschinenfabrik Motala-Werke, heute als Museum. Sie wurde in Verbindung mit dem Kanalbau errichtet und ist zusammen mit der Stadt Forsvik der Geburtsort der schwedischen Industrie.
Noch eine kleine Schleuse vor der Stadt Motala und eine Brücke, dann ist der große Gästehafen erreicht, es ist schon 20.00 Uhr. Schiffe über Schiffe, kein Platz mehr für Momo, da sehen wir die Hallberg Rassy „Lotus“ an der Kaimauer, die waren heute nicht in unserem Konvoi, aber man trifft sich trotzdem immer wieder. Wir sind froh, bei ihnen längsseits ins „Päckchen“ gehen zu dürfen und nicht mehr weiter umher irren zu müssen. Sonst gibt es heute nichts mehr zu berichten, es war schon zu viel.
wir haben die Schleusentreppe von Borenshult erreicht
kurz vor Feierabend schießt das Wasser besonders schnell in die Schleusenkammer - das ist wie Wildwasser fahren
das obere Ende der Schleusentreppe
noch eine Schleuse und eine Brücke, dann sind wir in Motala
Mittwoch, 1. August HAFEN- UND ARBEITSTAG IN MOTALA. Morgens gibt es wieder freie Plätze mit elektrischem Strom, wir verholen uns, blasen das Schlauchboot wieder auf; um an die Seite mit der Beule, die kurz über dem Wasser liegt, hinzukommen. Werkzeuge und Schleifmaschine ins Werkstatt-Boot und los geht’s mit der Arbeit. Immer größer und tiefer wird die Beule beim Schleifen, darauf Rostschutz, Grundierung, und Spachtelmasse. Diese Masse an Spachtelmasse müssen wir uns erst besorgen und radeln im ganzen Ort von einer Stelle zur anderen bis wir fündig werden. Zum Abschluss, es ist inzwischen Abend, überstreichen wir die Fläche noch mit dem blauen Decklack, ein schwieriges Unterfangen bei den vorbei fahrenden Motorbooten, wir sitzen zum Arbeiten ja immer noch im Schlauchboot und das schaukelt in den Wellen. FERTIG, fast wie neu, zwei weitere Kratzer haben wir auch gleich mit repariert.
So oft an- und abgelegt wie im Götakanal haben wir die ganzen Jahre zuvor nicht, da lässt sich bei einer nur zweihändigen Crew ein Kratzer kaum vermeiden.
Donnerstag, 2. August, WEITERER HAFENTAG IN MOTALA. Wir möchten zur GÖTAKANALBOLAG um mit dem Presseausweis und unserem Ostseebuch vom vergangenen Jahr eventuell einen Rabatt auf die Kanalgebühr bekommen. Die Kanalgesellschaft ist am Hafen in dem schönen alten Gebäude zusammen mit der Touristeninformation untergebracht. Der Kanaldirektor Claes-Göran Österlund begrüßt uns sehr freundlich und zeigt uns noch weitere Informationen und Bücher vom Kanal. Unser Buch "Eine Reise rundum die Ostsee" findet er auch sehr schön und interessant. Ganz unbürokratisch lässt er uns die Hälfte der Gebühr wieder auszahlen, wir freuen uns riesig.
Mit unserem Faltrad mischen wir uns unter die Radler und fahren ein Stück am Götakanal entlang - eine ganz andere Sicht als vom Wasser aus. Das Museum vom Götakanal, das die Geschichte des Kanalbaus zeigt und das Museum der Maschinenfabrik Motala besichtigen wir. Ein Angler spricht uns an, er ist Deutscher, hat vor 20 Jahren hier ein Haus gekauft hat, komplett mit Waschmaschine und Küche, 120 qm für umgerechnet 20.000 Euro, erzählt er uns, er hätte sich sehr gut eingelebt, dass er uns fast alles besorgen könnte, wenn wir was brauchen. Er gibt uns seine Visitenkarte.
der Hafen von Motala mit dem Gebäude der Kanalgesellschaft
das Grab Balthazar von Platens, dem Erbauer des Götakanals
Motala Verkstad, von hier ging die Industrialisierung Schwedens aus
im Götakanalmuseum wird anschaulich gezeigt wie der Kanal gebaut wurde
auch solche Fahrzeuge befahren den Götakanal
Direkt am Hafen steht ein tolles Motormuseum, fast sämtliche Zweiradfahrzeuge, darunter das Moped von König Karl Gustav und Rennmaschinen berühmter Rennfahrer sind ausgestellt. Blitzblanke Oldtimer fast jeder Marke: Karl Gerhard singt an der Seite seines Daimlers, ein blaues königliches Jagdauto, selbst ein Mini-Caravan aus den 50-gern, glänzen hier in alter Pracht.. Die Fahrzeuge sind passend im Umfeld der damaligen Zeit mit Personen, Musik und vielen kleinen Details liebevoll arrangiert.
im Motormuseum von Motala werden alte Fahrzeuge sehr originell präsentiert
Freitag 3. August, 8.50 Uhr. Unsere Schwedenquerung führt uns heute durch den VÄTTERNSEE. (Vätter = Wasser) Er ist der zweit größte Binnensee Schwedens und der tiefste, mit ganz klarem und kaltem Wasser. Der See ist 140 km lang, 31 km breit und 128 m tief und uralt, aus einer Verwerfung vor 300 bis 500 Millionen Jahren entstanden.
Wir durchfahren ihn von Motola bis Karlsborg, 13 Seemeilen weit, in Ost-West-Richtung. Unvermittelt kann hier Starkwind aufkommen und eine unangenehme steile See mit sich bringen. Heute jedoch nicht, wir fahren bei bedecktem Himmel zeitweise auch im Regen durch das „Mineralwasser“. Dreißig Fischarten wie z. B. Forellen, Felchen, Krebse und Stint sind hier heimisch. Der Vätter-Saibling und der Kaulkopf sind ein Relikt aus dem Eismeer, die haben sich dem Süßwasser der späteren Zeit angepasst. Uns überfallen während der Überfahrt weiße Motten, die Segel hängen voll mit den Viechern. Um 12.00 Uhr sind wir auf der anderen Seite des Sees, in Karlsborg und sehen die riesige Festung von 1819, sie ist unglaubliche 678 Meter lang, hat 2-3 Meter dicke Mauern und bis zu 20 Meter hoch. Von Karl dem XIV Bernadotte wurde sie zur Verteidigung gegen die Russen gebaut.
der westliche Teil des Götakanals zwischen Vättern und Vänern heißt Västgötadelen
Wir sind jetzt im VÄSTGÖTADELEN, dem westlichen Götakanal, er erstreckt sich von Karlsborg bis Sjötorp. Dieser Streckenabschnitt ist 35 Seemeilen lang und hat von Karlsborg bis Sjötorp 21 Brücken und 21 Schleusen.
Bei strömendem Regen warten wir auf die Brückenöffnung Rödesund. Um 12.30 Uhr dürfen wir passieren, kommen durch den Rödesund Kanal zum Bottensjön, wunderschön landschaftlich, leider regnet es immer noch. Nach der Enge Sackasundet erreichen wir FORSVIK und machen am Steg, umgeben von lieblicher Landschaft, vor der Schleuse fest.
diese Hüte setzen wir nur auf, wenn`s richtig gießt
Wir erwarten schwedischen Besuch: OWE aus Taberg, im Süden des Vätternsees, kommt an Bord. Eigentlich wollten wir uns schon im vergangenen Jahr treffen, das hat ja nicht geklappt – wegen der Bandscheibe. Owe aus Taberg ist der Freund von Eva aus Berlin und Eva ist die Schwester von unserer Schwägerin aus München. Es hat sich dann über Kornwestheim, München und Schweden herumgesprochen, dass wir zum Götakanal kommen; und so hatten wir öfters telefonisch netten Kontakt zu Owe. Heute ist er da, gekommen mit einem Freund, der ihn her gefahren hat. Obwohl wir uns noch nie gesehen haben, gibt es unheimlich viel zu „schwätzen“. Er spricht perfekt deutsch. Lustig findet Owe, dass die Bäume auf der Insel neben uns schon 50 Jahre alt sind. Warum er das so genau weiß, fragen wir? „Vor 50 Jahren war ich hier mit Freunden beim Grillen, dabei ist die Insel abgebrannt“ erzählt er. "Heute ist der schönste Tag in diesem Jahr", sagt Owe. Aber abends müssen wir uns wieder trennen, nicht ohne ein Erinnerungsfoto gemacht zu haben.
Owe aus Taberg ist extra 100 km weit gefahren, um uns auf dem Schiff zu besuchen
In Forsvik gab es schon im Mittelalter Wasserkraftwerke und Hütten zur Eisenherstellung. Wieder aufgebaute Anlagen erinnern heute als industriehistorisches Denkmal an die Anfänge der Industrialisierung in Schweden. Viele Beschläge für den Kanal sind in der Gießerei hier hergestellt worden.
1813 begann in Forsvik der Bau des Götakanals. Auch die alte eiserne Klappbrücke an der Schleuse wurde in dieser Zeit gebaut, sie steht in aufgeklappter Stellung da, heute als Kulturdenkmal.
Wir schauen uns abends noch das Industriegelände mit Mühle, Schmiede und Gießerei an. In einer Halle wird an einer Rekonstruktion des Raddampfers Eric Nordevall gebaut, der nach Fertigstellung Passagierfahrten auf dem Götakanal machen soll. Das Originalschiff wurde im Jahr 1836 gebaut und gehörte zu den ersten Dampfschiffen der Welt, ist 1856 im Vättern See gesunken, wo es auch heute noch gut erhalten, auf 45 Meter Tiefe liegt.
auch in Forsvik stand eine der Wiegen der schwedischen Industrie
das Industriemuseum in Forsvik
In einer alten Gießerei entdecken wir ein Theater. Um 19.00 Uhr findet die Aufführung „Gjuta Varg“ statt, erzählt uns ein Schauspieler, wir sollen doch unbedingt kommen, es wird viel getanzt und gesungen, das Schwedisch zu verstehen wäre nicht so wichtig meint er auf unser Zögern. Wir gehen hin, die Schauspieler begrüßen im Hof uns und die anderen Gäste. Es ist ganz witzig, auch wenn wir nicht mal die Handlung verstehen, so sehr wir uns auch bemühen. Sicher ging es um den Götakanal.
Die Gäste bekommen Wasser (abgefüllt in Flaschen) vom See Vättern. Ein lustiger Abend, ein wunderschöner Liegeplatz inmitten idyllischer Landschaft.
das Theater in der alten Gießerei
von der Aufführung verstehen wir überhaupt nichts
Abendstimmung am Kanal
Samstag, 4. August. Heute haben wir es endlich geschafft. Wir sind die Ersten in der FORSVIK SCHLEUSE. Sie wurde in den Felsen gesprengten und hat ziemlich unebene Wände. Unsere Fender hängen inzwischen auch nicht mehr an der Reeling, sondern an Klampen und an den Reelingsstützen, so zerren sie nicht am Stahlseil. Die Schleuse ist die größte im ganzen Kanal, sie fasst 1000 Kubikmeter Wasser, trotzdem geht die Schleusung ganz gemütlich, ohne den sonst üblichen „Wasserfall“ vonstatten. Wir befinden uns nun über dem Wasserspiegel des Vättern-Sees und 88 Meter über dem Meeresspiegel.
Forsvik hat die größte Schleuse am Götakanal und die älteste funktionsfähige Klappbrücke
Jetzt folgt das bisher schönste Stück durch den in die Felsen gesprengten Billströmen. Ein enger Durchstich, umsäumt von dichtem Wald, direkt vor uns sehe ich einen Biber im Wasser abtauchen. Anschließend folgt der Spetsnäskanalen. Vor uns jetzt ein flacher See, Untiefen, Inselchen, schmales Fahrwasser, das passende Licht dazu, traumhaft schön. Der See Viken liegt 92 Meter hoch und ist der höchste Niveaupunkt des Götakanals. Der See verengt sich im Kiddösund, wir fahren an einer 620 m langen Treidelmauer entlang, das sind Steinaufschüttungen, da konnte man früher darauf laufen und Schiffe ohne Motorantrieb ziehen. Der See wird so flach, dass wir genau der Betonnung folgen müssen, eine halbe Stunde warten wir vor der Brücke Brosundet, sie hat gerade Mittag, kein Problem bei dem herrlichen Wetter heute und der Postkartenlandschaft um uns. Die Tiefe des Sees Viken ist auch nicht üppig, wir fahren im Durchschnitt auf 12 m Wasser unterm Kiel, das Ende des Sees fast nur noch eine Pfütze mit 1,90 Meter im Arnösund. Die Strecke ist aber gut betonnt und ohne Probleme erreichen wir dann die Klappbrücke aus dem Jahr 1953.
der Viken ist ein sehr flacher See und ein Paradies für Paddler und Angler
der Billströmmen ist der engste Abschnitt des Götakanals
hier wurden früher die Schiffe von Hand oder von Ochsen gezogen (getreidelt)
und wieder warten auf die Brückenöffnung
ABWÄRTS:
Gleich nach der Brücke schließt sich die manuell betriebene Schleuse in TATORP an, 0,2 m Hub abwärts. Wir fahren ganz gemütlich mit fünf Knoten im engen kurvenreichen Berg Kanal, Getreidefelder säumen die Ufer.
die Ausgleichsschleuse von Tatorp wird manuell betrieben
Wiesen und Felder säumen den Kanal
wenn uns so ein Brummer entgegen kommt, wird`s ganz schön eng
Im Ort TÖREBODA treffen wir auf die kleinste Kabelfähre Schwedens, sie wird von Hand gezogen und ist nur für Fußgänger und Radfahrer. Am Ufer eine Drive-In-Eisdiele. Am langen Gästesteg von Töreboda machen wir fest zwischen bestimmt mindestens dreißig Booten. Am anderen Ufer des Kanals ist ein Schwimmbad mit Campingplatz, die Kinder dort freuen sich, wir legen jedoch wieder ab, es gibt bestimmt noch einen gemütlicheren Platz. Nach knapp zwei Meilen finden wir ein gemütliches Plätzchen. Am Waldrand ein Steinkai, nebenan die Jugenstilvilla eines Kanalingenieurs, ein Gedenkstein für Karl Johan XIV, der den Vestgötadelen 1822 einweihte, und nur wenige Schritte entfernt, ein Saunahäuschen. Vor uns die Schleuse Hajstorp. Wir sind das einzige Schiff, erst später gesellt sich noch ein Traditionssegler dazu. Am Wald gibt es einen Parkplatz für Caravans, mit Steckdosen. Da wirkeinen Strom am Kai haben, tragen wir unseren Brotbackautomaten kurzerhand rüber und holen ihn später mit dem fertigen Brot wieder ab. Endlich komme ich dazu, im Wald die massenhaft reifen Heidelbeeren zu pflücken. Ein Kilogramm ist meine Ausbeute, die wird heute Abend noch zu Marmelade verarbeitet und in der Holzofensauna schwitzen wir auch noch.die kleinste Kabelfähre Schwedens
und die einzige Drive-in Eisdiele
hier an der Schleuse Hajstorp wurde 1822 der westliche Teil des Götakanals, der Vestgötadelen, eingeweiht
in Hajstorp finden wir ein ruhiges Plätzchen für die Nacht ...
... und eine Steckdose für unseren Brotbackautomaten
Sonntag, 5. 8., der große Traditionssegler darf erst in die Doppelschleuse HAJSTORP. Dann kommen wir, müssen jedoch noch warten bis weitere Boote aus Töreboda eintrudeln. Es wird ein internationaler Konvoi, Engländer, Däne, Schwede und wir.
mit grosser Crew ist das Schleusen keine Kunst und ein wandernder Fender ist immer zur Stelle, wenn`s brenzlig wird
bei solchen Traditionsseglern gibt es immer besonders viele Zuschauer
ABWÄRTS-SCHLEUSEN:
Vorbereitet haben wir für Heck und Bug jeweils eine 15 Meter lange Leine. Das Aussteigen vor der Schleuse fällt weg, wir fahren nach dem Freizeichen bis zu einer halben Schiffslänge vor zum Obertor. Erst dann steige ich mit Heck- und Vorleine aus, fädle erst das lose Ende der Heckleine durch die Öse und werfe sie dem Skipper zu. Die Vorleine ziehe ich durch die erste Öse am Obertor. Zurück auf das Vorschiff. Beide Leinen werden in der Hand auf Slip gehalten, das bedeutet beim Abwärtsschleusen Leine nachgeben, damit sich das Boot nicht aufhängt an der immer höher werdenden Wand.
Was ist denn das? Zwischen den Schiffen schwimmt eine Ente. Sie schleust aufwärts, sie will wohl nach Hajstorp.
Das Tor schließt. Wie im Fahrstuhl geht es gemächlich abwärts. Immer mit der Leine auf Zug bleiben, Meter für Meter nachgeben, die Wand wird immer höher, aber recht zügig sind wir unten und das Tor geht auf. Leinen vom Schiff aus abziehen, fertig. Gleich weiter in die nächste Doppelschleuse, die Plätze der Schiffe sind wieder klar, einfädeln und warten bis die Fahrt abwärts geht. Das läuft so relaxed im Gegensatz zum Aufwärtsschleusen, dass unser Skipper jetzt mit allen ringsum plaudern kann, vor allem mit der netten Dänin hinter uns.
Sofort wieder eine Doppelschleuse, dann folgt die Dreifachschleuse RIKSBERG, eine Drehbrücke muss wieder geöffnet werden, wenige Meter weiterfahren bis zur Doppelschleuse GODHÖGEN – und immer noch im gleichen Konvoi. In drei Stunden sind wir keine drei Seemeilen weit gekommen, haben jedoch viel erfahren von den mitschleusenden Schiffen.
Zwei Einzelschleusen: NORRKVARN (übersetzt Nordmühle), hier gab es einen Steinbruch, wo Alaunschiefer abgebaut wurde. Der Schiefer war Bestandteil des sehr beständigen Fugenmörtels der gemauerten Schleusenwände. Norrkvan war von 1810 bis 1820 Zentrum des Kanalbaus.
Viele Brücken müssen wir jetzt durchqueren, sie sind meistens sehr eng. Sogar der Verkehr der E 3 wird wegen uns angehalten. Den ganzen Tag ist es schon bedeckt, anthrazitfarbene Schafe grasen und liegen am Ufer. Das Landschaftsbild wechselt von Getreidefelder zu Wald.
es geht abwärts
vier Boote aus vier Nationen
abwärts schleusen ist ganz leicht
immer wieder warten vor den Brücken
die dreifach Schleuse Riksberg
Im Ort SJÖTORP endet der Götakanal. Zuvor müssen wir noch viele Schleusen abwärts, sie sind nummeriert: die Sjötorp-Doppelschleuse 7-8, Sjötorp Einzelschleuse 6, Sjötorp Doppelschleuse 4-5 mit anschließender Klappbrücke, Sjötorp Doppelschleuse 2-3.
Nach der Doppelschleuse 2-3 in Sjötorp machen wir Feierabend. 18 Schleusen, 8 Brücken, davon eine Eisenbahn und eine Autobahnbrücke haben wir heute passiert. Verteilt auf die drei hintereinander folgenden Schleusen, zwischen, hinter und vor den Schleusen sind die Liegeplätze. Hier ist wieder richtig was los, viele Zuschauer an den Schleusen, auch wir bummeln am Kanalufer entlang und sehen beim Schleusen zu, ohne Hektik. Sogar als Sprungturm werden die Schleusenmauern missbraucht. Das Informationszentrum ist im alten Wachgebäude von 1823 untergebracht. Das Mädchen hier arbeitet 12 Stunden pro Tag, jetzt muss sie kurz aufs Clo, Uwe vertritt sie so lange. Allerdings ist in vierzehn Tagen der Rummel vorbei, dann ist hier alles geschlossen, die Saison vorbei. Wir spielen wieder eine Runde Minigolf, der Platz liegt direkt neben unserem Liegeplatz. Am Ende fressen uns aber fast die Schnaken auf.
das Ende des Götakanals ist erreicht
die letzte Schleuse in Sjötorp
nicht nur Bootsfahrer nützen den Kanal
vor uns liegt der Vänern
Der Götakanal liegt nun, bis auf die letzte Schleuse, hinter uns. Wir haben viel gesehen, aber sehr vieles könnte man noch entdecken. Sehr interessant war die Schleusenstrecke, nette Menschen haben wir kennen gelernt, schöne Landschaften zogen an uns vorbei. Zeitweise hatten wir aber auch Stress, Momo, Uwe und ich, das muss ich zugeben. Das Wetter war für die Kanalfahrt ideal, auf der Ostsee oder im Kattegat wäre es genau in dieser Zeit unangenehm gewesen.
der letzte Abschnitt unserer Schwedendurchquerung führt uns durch den Vänernsee und den Trollhätte Kanal nach Göteborg
Montag, 6. August, pünktlich um 9.00 Uhr nehmen wir uns die letzte Schleuse in Sjötorp vor, hinunter zum SEE VÄNERN, dem größten See Schwedens und dem drittgrößten Europas. Er ist elfmal so groß wie der Bodensee, von Nord nach Süd misst er 140 km, von Ost nach West 70 km, der See wird von unzähligen Flüssen gespeist und 100 Meter tief. Durch seine Größe muss man sich auf Verhältnisse wie auf dem Meer einstellen, was Wind und Seegang betrifft. Die Landschaft am Nordufer ist bergig und bewaldet, im Kontrast zur offenen Ebene und lieblichen Landschaft des Südufers.
Wir sind wir wieder ein Segelboot und rauschen über das Binnenmeer. Der Fahrtwind ist bei 30 Grad Hitze ganz angenehm. Viele Inseln, ganze Schärengärten sind den Ufern vorgelagert. 22 000 Inseln liegen allein im See Vänern, und das ist kein Druckfehler! Wir sehen auf der Backbordseite den Kalvö-Skärgard, müssen höllisch aufpassen auf die im Wasser steckenden Fischerfahnen.
Schloss Läckö in Sicht! Mit dem Fernglas erkennen wir das weiße Märchenschloss, im Hafen davor legen wir heute an! Auf der Eken-Schäre der Insel Kälandsö steht das Barockschloss auf einer Granitkuppe. Leider legt kurz vor der Einfahrt der Wind zu, dass uns der Hafen mit 1,70 m Tiefe zu kitzlig erscheint. Der Skipper entscheidet, weiter. Durch enges betonntes Fahrwasser zwischen den Schären laufen wir den Fischerort und Hafen Spiken an. Viele andere Segler aber auch. Der Hafen ist für uns eng und flach, so gehen wir gleich an einem Fischkutter längsseits. Alternativ zu Schloss Läckö liegen wir nun hinter einer von den vielen Räuchereien im Ort Spiken, dem Zentrum der Binnenfischer und der Fischräucherei. Die ganze Nacht schäppert der Generator der Rökeri, war der Fischgeruch abends noch erträglich, ist er zum Frühstück schon sehr gewöhnungsbedürftig.
in den Hafen von Läckö trauen wir uns nicht hinein. Er ist nur 1,70 m tief und wir haben starken auflandigen Wind!
in Spiken liegen wir hinter einer Fischräucherei im Päckchen
solche Fischerfahnen zwingen uns oft zu zick zack Kursen
Dienstag 7. August. Um 7.00 Uhr weckt uns das Gezwitscher der Schwalben. Meeting zur Reisevorbereitung in den Süden! Sie sitzen in Doppelreihe auf der Reeling, den Festmachern und am Heckkorb. Um 9.15 Uhr legen wir am Fischkutter ab, heutiges Reiseziel VÄNERSBORG.
Die Küste löst sich wieder in zahllose Schären auf, der Kallandsskärgard, flach eng, Schilfgras, auf den Schären blühendes Erika, Natur und Idylle pur. Zum Ankern gibt es viele idyllische Buchten, für den Ortskundigen aber nur. Vorbei segeln wir am Hindensrev, einer Endmoräne der Eiszeit, wir sehen den 305 Meter hohen bewaldeten Tafelberg Kinnekulle, aus Vulkangestein, Millionen Jahre alt.
In der Vänersborgsviken bekommen wir ordentlich Schwell, Schiffschaukel gratis. Über Funk fragen wir nach der Öffnungszeit der Eisenbahnbrücke vor Vänersborg. Mit dem hinter uns kommenden Riesenfrachter dürfen wir dann passieren. Schnell bringen sich ein paar querende Gänse in Sicherheit. Im Hafen ein neues Anlegemanöver mit Mooringleine, die findet man meist im Mittelmeer nur vor, aber es ist hier in Vänersborg auch so heiß wie im Mittelmeer; heute wenigstens. Vänersborg ist eine nüchterne Stadt, 1644 gegründet, in Quadraten angelegt, heute ein wichtiger See-Umschlagplatz. Die Umgebung von Vänersborg ist die elchreichste der Welt und königliches Jagdrevier. Wir sichten keinen Elch.
in Spiken wecken uns die Schwalben
22 000 Inseln gibt es allein im Vänern
diese Zitrone heißt "Tiramisu" und kommt aus der Schweiz
Um 19.00 Uhr kommt ein weiteres Crew Mitglied – Georg. Er ist aus Rot a.d. Rot (im Allgäu) angereist über Göteborg mit Bus und Zug nach Vänersborg und wird uns zehn Tage lang begleiten, die schwedische Westküste,nach Norden hoch. Georg war vor längerer Zeit mal Fotografenlehrling in unserem Fotostudio in Kornwestheim. Inzwischen hat er auch schon einige graue Haare, aber sein Witz ist immer noch der gleiche. Wir freuen uns unheimlich über das Wiedersehen bei einigen Büchsen Falco Bier.
Noch kurz ein Funkspruch auf Kanal 9, wann die erste Schleuse morgen öffnet. „Durchgehend geöffnet“ bekommen wir zur Antwort.
Wir haben Schweden nämlich immer noch nicht ganz durchquert, vor uns liegt der insgesamt 82 km lange TROLLHÄTTE KANAL. Er verläuft zwischen Vänern-See und Göteborg. Die Wasserstraße zwischen Vänern-See und dem Kattegat ist als Transportweg gebaut worden. Bereits 1607 entstanden erste Abschnitte des Kanals. Am problematischsten war die Umgehung der Trollhättan-Wasserfälle. Immer wieder wurde das Projekt unterbrochen und erst nach 200 Jahren mühseliger Arbeit und hoher Kosten war die Strecke schiffbar. Am 14. August 1800 fuhren die ersten Schiffe durch alle Schleusen.
Aber schon 32 Jahre später waren die Schleusen für die neuen Schiffe zu klein und 2 m Tiefgang zu wenig. So wurden bis 1844 ständig parallel neue Abschnitte mit größeren Schleusen gebaut. 1916 hatte der Kanal seine derzeitigen Ausmaße. Heute ist er noch eine wichtige wirtschaftliche Verbindung vom Kattegat zum Vänern, aber im Zeitalter der Züge und Autos nicht mehr die Bedeutung von damals.
Zehn Kilometer sind als Kanal ausgehoben beziehungsweise in den Fels gesprengt, der restliche Weg verläuft in natürlichen Fahrrinnen des Flusses Göta Älv. Der Höhenunterschied von vierundvierzig Metern ist mit sechs Schleusen zu bewältigen. Sechs Meter abwärts in der Brinkebergskullet, ganze zweiunddreißig Meter in vier aufeinander folgenden Schleusen in Trollhättan und die letzten sechs Meter in Lilla Edet. Den Kanal überqueren zwölf Brücken.
Georg ist in Vänersborg zugestiegen
Mittwoch, 8. August. Wecken um 5.30 Uhr, damit Georg auch gleich weiß, wie streng es an Bord zu geht. Um 6.50 Uhr sind wir schon im Kanalabschnitt Karls Grav. Ein runder Intarsientisch schwimmt an uns vorbei!? 1753 wurde die alte Brinkebergskulle gebaut, die alten Backsteinmauern stehen noch. Wir fahren aber in die später gebaute, größere Brinkebergs-Schleuse ohne Wartezeit ein. Sie gestattet die Durchfahrt von Schiffen mit einer maximalen Länge von 87 m, einer Breite von 12,6 und einem Tiefgang von 4,70 m und einer zulässigen Masthöhe von 27 m, sie sind also größer als die vom Götakanal.
Die Crew an Bord der Momo hat sich verdoppelt, dass der Skipper sich jetzt allein auf das Steuern konzentrieren kann. Georg legt die Leine am Bug und ich die Heckleine um eine Öse an der Schleusenwand und halten sie auf Slip. Wir sind ganz allein in der großen Schleuse. Abwärts geht die Post, bedrohlich höher wird die Wand, Meter für Meter Leine geben wir nach. Es entsteht kaum Turbulenz, da das Wasser durch Öffnungen im Boden der Schleusenkammer strömt. Nur die lange Leine will kneifen beim Abziehen. Jetzt folgt die Eisenbahnbrücke Järnvägsbron Hjulkvarn, und die lässt uns eine lange Stunde und 20 Minuten warten. Inzwischen kommt noch ein Frachter und ein weiterer Segler.
Die nun folgende Strecke führt durch den recht breiten Göta Älv Fluss. Wir passieren die 27 Meter hohe feste Brücke Stallbackabron, die nachfolgende Eisenbahnbrücke müssen wir uns aber öffnen lassen, bevor wir den Ort Trollhättan durchfahren. Wieder versperrt uns eine Klappbrücke den Weg. Weiter auf dem Trafikkanalen. Industriegebäude säumen jetzt das Ufer.
nach der ersten Schleuse wird der Göta Älv zunächst ganz breit
auch für den Trollhätte Kanal: zuerst Eintritt bezahlen!
Um 11.20 Uhr erreichen wir den Wartesteg vor den TROLLHÄTTAN SCHLEUSEN, hier müssen wir bezahlen, 750 Schwedenkronen kostet die Durchfahrt, also rund 80 Euro. Dabei erfahren wir, dass wir über eine Stunde warten müssen. Ein Vänermax-Schiff mit 4000 t Fracht wird erst hoch geschleust. Jährlich werden 3,5 Millionen Tonnen Güter auf dem Göta Älf und Vänern transportiert. Jetzt sind wir aber doch froh, dass wir so früh aufgestanden sind, die Strecke bis Göteborg hätten wir sonst nicht an einem Tag geschafft.
Wir nutzen die Zeit und schauen uns die zweihundertjährige Schleusenbautechnik im Originalzustand an, aus den Jahren 1800, 1844 und 1916. Ich stelle mir vor, wie die Wikinger hier ihre Boote hoch und runter geschleppt haben, unglaublich. Im Kanalmuseet Trollhättan sehen wir Werkzeuge, die bei Unterwasserarbeiten im 19. Jahrhundert benutzt wurden, schweres Tauchgerät, eine Schmiede und eine Tischlerei u. v. a.. Die Wasserfälle kann man auch ansehen, Mittwoch, Samstag und Sonntag ist er offen, im August, an den anderen Tagen wird das Wasser abgeleitet. Inzwischen gießt es aber in Strömen, so essen wir an Bord eine kleine Würstchenmahlzeit.
wir warten auf die Freigabe der Schleuseneinfahrt
die Schleuse aus dem 18. Jahrhundert
und die aus dem 19. Jahrhundert
jetzt haben wir auch Zeit für ein Gruppenbild
Pünktlich zum Schleusen hört der Regen auf. Acht Schiffe fahren jetzt in die große Schleuse, wir steuern mit MOMO zielstrebig die Ostseite an, denn auf der Westseite sind die Schleusenwände ganz rau und uneben. Georg, auch im Klettern und Lasso werfen geübt, versucht vom Schiff aus die Bugleine durch eine an der Mauer angebrachten Öse zu werfen. Das Heck des Schiffes halte ich mit dem Bootshaken an der in der Wand eingelassenen Leiter, Sprosse für Sprosse geht es abwärts. Zwölf Meter hoch türmt sich die dunkle glitschige Mauer vor uns auf, als das Schleusentor aufgeht. In zwei Stunden haben wir die ganze Treppe , bestehend aus vier Einzelschleusen geschafft, 32 Höhenmeter waren das.
da passt kein Fender mehr dazwischen
vorne eine lange Leine ...
und achtern hält die Crew das Schiff einfach mit dem Bootshaken an der Leiter - ganz easy
die Schleusentore sind fast 20 m hoch
die Boote auf der rechten Schleusenseite haben ein bisschen Stress mit den "Höhlen " in der Wand
Der Fluss GÖTA ÄLV wird uns jetzt mit seiner Strömung bis ins Kattegatt bringen. Wälder und kleinere Städte an den Ufern, dann der Ort Lilla Edet mit dem aller-aller letzten Wasserfahrstuhl für uns. In Lilla Edet wurde 1607 die erste Schleuse gebaut, die Überreste der 1784 gebauten stehen noch. Die Strömung im dem Fluss schiebt uns mit bis zu zusätzlich zwei Knoten an Orten wie Göta, Lödöse , Älvängen, Nol, einer Chemiefabrik und der Festung Bohus vorbei.
Die Fahrrinnen sind zum großen Teil auf 40 bis 50 Meter Breite ausgebaut worden. An manchen Stellen darf man bis zu 10 Knoten schnell fahren, das schaffen wir aber trotz Strömung nicht. Im Gegensatz zum Götakanal gibt es im ganzen Trollhättan Kanal nur wenige Anlege- und kaum Übernachtungsmöglichkeiten.
Die siebenundvierzig Meter hohe feste Brücke durchfahren wir problemlos, nur noch Industriegebäude stehen am Ufer, als wir uns für die Öffnung der folgenden Eisenbahnbrücke anmelden. Eine extrem starke Strömung vor der Brücke, wir machen lieber nicht am Anleger fest, sondern drehen eine halbe Stunde lang Kringel.
Von weitem ist jetzt Göteborg, die zweitgrößte Stadt Schwedens in Sicht, davor die letzte Brücke, die Göta Älv-Klappbrücke, Höhe 18,5 und 19,5 Meter, wenn der Mast höher ist muss man über Funk um Öffnung bitten. Was jetzt 18,5 oder 19,5 m? Wir melden uns auf Kanal 9, dass wir passieren. Durch! Jetzt hoffen wir nur noch, dass wir im viel besuchten Hafen Lilla Bommen mitten in Göteborg noch einen Platz bekommen, es ist inzwischen Abend geworden.
der Trollhätte Kanal ist noch ziemlich eng ...
... aber auf dem Göta Älv haben wir viel Platz
Straßen- und Eisenbahnbrücken werden für uns geöffnet
die letzte Brücke unserer Schwedendurchquerung, 19,5 m sind hoch genug für uns
wir haben Göteborg erreicht!
Voll ist der Hafen – da – ich sehe die „Lotus“ am Kopfsteg liegen und rufe erfreut: „dürfen wir als Päckchen kommen?“ „Klar doch“, kommt es zurück. Es sind die Bekannten aus dem Götakanal. Sie sind auch noch nicht lange da, machen aber einen „aufgekratzten“ Eindruck. Sie hätten einen Schnaps gebraucht, erzählten sie uns auch gleich. Der Grund war, dass sie die im Moment geöffnete Göta Älv Klappbrücke mit ihrer LOTUS, Masthöhe 20 Meter, passieren wollten, als die Brücke vor ihren Augen geschlossen wurde. Durchfahrtshöhe bei geschlossener Brücke 19,50 Meter, es fehlen fünfzig Zentimeter. Zum Wenden bleibt keine Zeit mehr, die Strömung treibt sie unter die Brücke, also Gashebel auf den Tisch – Vollgas! Der Atem habe ausgesetzt als sie durch sind, meinten sie. Der Mast steht noch von der Lotus, es hat also gepasst, vielleicht haben wir Niedrigwasser, aber warum hat der Brückenwärter zugemacht? Ich hätte nach dieser Aufregung mehrere Schnäpse gebraucht.
Für uns ist jedenfalls der Abend gerettet, wir haben einen schönen Liegeplatz in GÖTEBORG, direkt an der Oper, im Hafen das alte Segelschiff VIKING, das bekannte Hochhaus LIPPENSTIFT vor uns kommt man über eine Fußgängerbrücke zum größten Kaufhaus Nordeuropas, NORDSTAN.
Ein langer und anstrengender Tag mit 41 Seemeilen und über 12 Stunden Fahrzeit liegt hinter uns, da ist die kleine Bar am Hafen mit einem guten Mariestads Bier gerade das Richtige, und noch ein Weiteres für einen Absacker an Bord.
In zwölf Tagen haben wir Südschweden von Ost nach West durchquert, das „längste Abenteuer Schwedens“ liegt hinter uns!
die Viking und der "Lippenstift" in Göteborg
Die Oper liegt direkt am Hafen Lilla Bommen
blaue Stunde im Cockpit