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unsere Route von Mariehamn in Aland nach Nyköping
zur besseren Orientierung, hier mal wieder eine Karte mit der ganzen Ostsee
Donnerstag, 28. Juni. Der Regen hat nachgelassen, sogar die Sonne lässt sich blicken. Bevor wir Wurzeln ziehen, beziehungsweise Algen und Muscheln ansetzen, fahren wir endlich wieder los, nach MARIEHAMN. Ganz typisch hier sind die Schären mit den glatt geschliffenen roten, manchmal marmorierten Klippen. Die einzige Stadt Alands, Mariehamn, liegt auf der größten Insel, ganz durchzogen von Sunden, Seen, Buchten und oft durch Brücken mit einander verbunden. Sämtliche Fähren laufen regelmäßig den Västerhamn an, sie kommen aus Helsinki, Stockholm, Kapellskär und Turku, außerdem ist die Stadt beliebtes Ziel der Kreuzfahrtschiffe. Aland ist eine autonome Provinz Finnlands mit Provinzialregierung. Es wird nur schwedisch gesprochen, als Ausländer verständigt man sich auf englisch. Aland hat eine eigene Flagge, eigene Briefmarken, eigene Autokennzeichen und die Internetdomain ist .ax. Über 6500 Inseln gehören zu Aland, 65 davon sind bewohnt, die Gesamteinwohnerzahl beträgt 26.900, davon leben allein fast 11000 in Mariehamn. Wir segeln erst hoch am Wind, mit ordentlich Lage und kommen bei Windstärke 4-5 flott voran. Der Westwind legt zu auf Stärke 5, da entdecken wir, dass unser RADARREFLEKTOR, der oben am Mast angebracht ist, rumbaumelt. (Der Reflektor sieht aus wie eine Röhre von 60 cm Länge und einem Durchmesser von ca. 9 cm.) Er schlägt wild hin und her, hält noch am oberen Ende an einem Kabelbinder, aber wie lange noch? Es nervt, einmal verlieren wir ihn nicht gerne, zum anderen könnte er uns auf den Kopf fallen. Ständig gehen unsere Blicke nach oben. Am Leuchtturm Storgrund müssen wir gegen den starken Wind, der Skipper holt die Segel ein, wir fahren mit Maschine. Zum Aufkreuzen ist es hier zu eng. Auf und ab geht unsere Fahrt bei dem Seegang, die entgegenkommenden Segler können dagegen relaxed vor dem Wind segeln. Wir kommen an unserem Lieblingshafen Rödhamn (siehe 2006) vorbei, während der Radarreflektor immer noch baumelt. Aus allen Richtungen laufen jetzt die riesigen Fähren ein, auch die Amorella ist wieder dabei. Sie tauchen auf, verschwinden hinter den Inseln, tauchen wieder auf. Es ist wieder ein Erlebnis in den großen Hafen von Mariehamn einzulaufen, in dem auch das Segelschiff Pommern festgemacht hat. Insgesamt 300 Seemeilen sind wir jetzt seit Uusikaupunki kreuz und quer durch die Schären gekreuzt.
die Pommern ist das Wahrzeichen des Westhafens von Mariehamn
"Nacht" im Hafen von MariehamnUm 14.45 Uhr liegen wir am Schwimmsteg, Blick zur Pommern und den an- und ablegenden Fähren. Bei uns gibt es Mittagessen, ein Mittagsschläfchen und dann stellt sich die Frage, wer von uns auf den Mast muss und den Radarreflektor neu befestigen. Ich darf rauf, mit Werkzeug und dem kleinen Fotoapparat. Mit Klettergürtel und Bootsmannsstuhl doppelt gesichert, zieht mich der Skipper am Fall hoch, über die Winsch, weil ich ganz schön schwer werde. Nach der Hälfte reicht es mir eigentlich, aber meine Baustelle ist auf 18 Meter Höhe. Weiter - Stop. Während der Arbeit braust ein Motorboot vorbei, die Wellen lassen mich oben schaukeln, die Vorstellung bei Seegang hier oben zu sein, lässt mich schaudern. Jetzt noch kurz die Aussicht von oben genießen über den Hafen, die Pommern und runter auf unser kleines Schiffchen - und ab geht die Post, runter den Mast.
eine Grossmutter 18 m hoch auf dem Mast sieht man eher selten
da ist unten alles ganz klein
Wir radeln dann in die gepflegte Stadt über die breiten leeren Straßen, wir brauchen noch Proviant. Im Hafenlokal essen wir Lachs. Auch bekommt MOMO heute wieder ihren Wintergarten, die Kuchenbude angebaut, denn morgen soll es regnen. Freitag, der 29. Juni wird zum Hafentag in Mariehamn. Wir sind heute in der Ferne frischgebackene Großeltern geworden. Unser Sohn Florian und Christine, die in New York leben, haben eine LILLI bekommen. Wir wollen zur Feier des Tages in die Disco, aber am Abend schüttet es so, dass es Oma und Opa dann doch zu ungemütlich ist.
das ist Lilli an ihrem ersten Lebenstag
Am 30. Juni immer noch Regen, das wird dann ein Wasch- und Schreibtag. Der Hafen wird immer voller, vor allem unsere Stegseite, mit der guten Seite zum Wind, ist voll belegt. Da kommt noch der Weihnachtsmann mit seinen Knechten (Skipper mit rotem Overall und langem weißen Bart) und quetscht sein Schiff in eine Lücke, die nicht mal halb so breit ist wie sein Schiff und hängt sich auch noch an unsere Boje. Die ganze Reihe der am Steg liegenden Schiffe wird auseinander gespreizt, alle liegen Bootswand an Bootswand, dass die Fender nur so knarren und quietschen. Auf der anderen Seite des Stegs hätte es aber Platz gehabt!
wir tanken voll - hinter uns die Pommern
Am Sonntag, dem 1. Juli, verlassen wir Mariehamn und Aland und setzen Kurs auf ARHOLMA, Schweden. Wir tanken noch 232 Liter POLTTOÖLJY (Diesel), der immer noch wesentlich günstiger ist als in Schweden, aber doch teurer als im vergangenen Jahr. Deshalb kommen wir erst nach 9.00 Uhr weg. Wir haben Ostwind und schaukeln heute in den Wellen. Der Skipper setzt nach wenigen Meilen einen neuen Kurs ab auf KAPELLSKÄR, damit wir den Wind 20 Grad vorlicher bekommen, so laufen wir bei Windstärke 4 mit 6 Knoten Geschwindigkeit wieder Schweden entgegen. Wir wechseln die Gastlandflaggen aus und überholen das Segelschiff Blue Sun und sehen, wie uns die Besatzung fotografiert. Schnell setzt Uwe eine Funkspruch ab, dass wir gerne die Fotos hätten. E-mail Tausch über Funk, fotografieren jetzt auf beiden Schiffen.
Gabriele und Hans auf der Blue Sun kommen aus Hamburg. Sie machen tolle Fotos von der Momo - vielen Dank
Momo unter voller Besegelung
Ein Großsegler kreuzt unseren Kurs, als wir den 59. Breitengrad unterschreiten. Momo läuft und läuft heute, toll. Im Fjord nach NORRTÄLJE liegt der große Hafen GRADDÖ, dort treffen wir unseren Nachbarn aus Mariehamn wieder und machen neben ihm fest. Es ist ein Berliner Ehepaar, sie sind heute früh um 6.00 Uhr in Mariehamn Richtung Arholma gestartet und mussten die ganzen 40 Seemeilen unter Motor laufen, kein Wind. Welch ein Glück, dass wir getankt haben und erst um 9.00 Uhr los gekommen sind und unseren Kurs 20 Grad südlicher gelegt haben, dadurch hatten wir herrlichstes Segelwetter. Wie es so schön heißt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
ein finnischer Gaffelschoner kreuzt unseren Kurs
2. Juli, Montag. Nach den großen Häfen ist es an der Zeit mal wieder einen kleinen Naturhafen anzulaufen, EKBACKEN auf der Insel ÄNGSÖ, im kleinsten Nationalpark Schwedens. Um die Mittagszeit müssen wir dort sein, um noch einen Platz zu bekommen. In Schweden haben jetzt alle miteinander Ferien und wie bei uns Autobahnen und Rastplätze, sind hier die Wasserstraßen und Hafenplätze voll. In der Hauptwasserstraße durch den Furusund ist auch die Hölle los. Maschine ist angesagt, kein Windhauch, die Sonne knallt heiß ins Cockpit, nur der Fahrtwind bringt etwas Kühlung. Um 11.15 Uhr fahren wir weg vom Fahrwasser und nach Beschreibung finden wir unseren Steg zwischen Inseln und Miniinseln hinter einem Schilfgürtel. Drei Boote sind uns soeben begegnet, das bedeutet Platz für uns. Nur ein Schwede auf einer Bavaria ist noch da, breit, breiter Querstreifen.
im Furusund treffen wir Inge und Peter, unsere Stegnachbarn von Mariehamn und Graddö mit ihrer NajadNur eine Nacht darf man hier bleiben. Zwei rote Häuschen stehen neben dem Steg, in einem davon ist ein "Naturum" eingerichtet. Man erfährt, dass Ängsö ist eine Schutzzone für Höhlenbrüter ist. Hinter dem Schilf stehen riesige Eichenbäume, blaue Glockenblumen und Margariten wachsen. Ängsö wird die "Wieseninsel" genannt. Seit 1725 ruderten Schnitter von der Nachbarinsel herüber, machten Heu und ließen dann Vieh weiden. So wurde die Ausbreitung des Waldes verhindert, der auf den meisten anderen Inseln ja überwiegt. Unser Thermometer liegt in der Schublade im Salon und misst 22 Grad, dann 37 Grad im Cockpit im Schatten und 44 Grad in der Sonne. Die Gelegenheit zum Baden in der herrlichen, einsamen Bucht, Spazierengehen durch die Wiesen, den Wald und am Ufer entlang. Ein Bauernhof - keine Autos - keine Menschenseele unterwegs. Ganz selten trifft man auf den Inseln Kühe an, heute aber sehen wir ein paar und die stehen bis zum Bauch in der Ostsee. Bis gegen Abend sind 4 weitere Boote da, ein weiteres läuft noch ein. Die vier Mann Besatzung sind sofort beim Anlegerwhisky aus dem Saftglas, dann springen alle ins Wasser, was so durstig macht, dass gleich die 2. Flasche Whisky nachgefüllt wird. Die Crew der MOMO ist verwundert wie gesprächig der Skipper auf einmal ist, mit jedem Schweden hält er einen small talk, auf englisch, der weit über das Übliche - woher und wohin - hinausgeht. Wenn man einen Schweden anspricht, ist er gesprächig, ohne Ausnahme. Von sich aus, sagt ein Schwede nie ein Wort, höchstens "hey, hey", was soviel heisst wie "hallo, hallo".Fazit: Die Insel Ängsö zählt zu den Topplätzen unserer Reise.
Ängsö ist der Geheimtip eines schwedischen Seglers und gehört zu den Topplätzen der ganzen Reise
jetzt wissen wir, warum die Butter in Schweden salzig ist
ein bisschen wie auf der schwäbischen Alb
mit 18° hat das Wasser jetzt endlich eine angenehme Badetemperatur
3. Juli, Dienstag: Sonne scheint, Heckanker auf, er ist überzogen mit hellgrauem Schlamm, zementartig, so fest hat der Anker auch gehalten über Nacht. Bis zur Insel SÖDER LANGHOLM (gegenüber Finhamn) möchten wir heute kommen. Dazu queren wir den Furusund und suchen die Einfahrt. Noch sind die Inseln in Deckung mit dem horizontalen Einheitsbrei. Der Durchschlupf ist erst kurz davor erkennbar und aus der Baumlinie schält sich unsere gesuchte Inseln Aspön heraus. Es gibt keine Markierung mehr. Davor liegen nochmal zwei kleinere Inseln. Wir fahren "locker" durch, streiten aber wie man um den nächsten Stein herum fährt. Sorgen sind das hier! Dann eine Richtungsänderung bei der Blabärskäre (Heidelbeersschäre) Richtung Süden. Wir haben wieder ein betonntes Fahrwasser, zum Glück, in zum Teil recht engem Zick-Zack segeln wir um die kleinen, flachen, meist baumlosen Außenschären, die nur von Vögeln bewohnt sind. Viel Verkehr hier, richtig eng, mit Gegenverkehr und Überholen. Ständig ist man am Grüßen der vorbeikommenden Schiffe. Die maritime Mode hier für alle Figuren ist quer gestreift. Quer gestreifte Hemden, rot-weiß, grün-weiß, blau-weiß, schmal und breit gestreift, das erinnert mich an die vielen Leuchttürme, auch alle quer gestreift Um 12.00 Uhr kommen wir auf unserer Insel Söder Langholm an, wir werfen unseren seit gestern zementfarbenen Heckanker aus. Unsere Bucht ist umgeben von hohen, total glatten Klippen, die bis ins Wasser laufen. Als Erstes muss ich Schwimmen. Im Wäldchen oben auf den Klippen finden wir die ersten reifen Heidelbeeren. Dann lassen wir heute einmal das Dinghy ins Wasser und fahren zur Paradiesbucht, einer der beliebtesten und deshalb natürlich auch meistbesuchten Ankerbuchten im Stockholmer Schärengarten. In unserer Bucht ist es da schon viel ruhiger: der schwedischer Nachbar spielt Akkordeon und Kinder spielen Fußball mit Handicap auf der mit 40 ° geneigten Klippe, immer mal wieder rollt der Ball, wenn sie zu langsam sind, ins Wasser hinab.
wir haben mal wieder einen Halo um die Sonne - was der wohl bringen wird?
Söder Langholm mit seinen glatt geschliffenen Felsen
mit dem Dinghy geht`s zur Paradiesviken ...
... und die ist voll!4. Juli, Mittwoch. Wir legen ab mit Kurs Süd und segeln hoch am Wind mit 6 Knoten, vorbei am Leuchtturm Fjärdhallen im Jungfrufjärden (die Bezeichnung "Jungfru" mögen die Schweden wohl sehr) zur Insel UTÖ; Nordhafen. Unterwegs zwischen den Inseln fragen wir uns, ob die Stockholmer oder die Schären von Turku schöner sind. Schöner sind die, die im schönsten Licht stehen. Da wir heute Schwarz/Weiß Bilder sehen, sind im Rückblick die Turku Schären schöner, aber das kann sich schon morgen wieder ändern. Tatsache ist, dass die Turku Schären höher sind und mehr Nadelbäume darauf wachsen.
unterwegs durch die Aussenschären
Von weitem sehen wir die Windmühle von Utö als Landmarke stehen und obwohl wir heute schnell sind, für ein Segelboot natürlich nur, sind wir heute zu spät dran, alle Boote stehen dicht an dicht vor Heckanker am Steg. Laut Handbuch passen über 300 rein und die scheinen schon alle da tz sein. Mist, was nun? Vor allem ist jetzt wieder schlagartig dichter Nebel aufgezogen. Da winkt uns ein schwedisches Schiff, das längsseits am Stegkopf steht. Wir machen als Päckchen fest. (Das bedeutet, dass unsere Leinen am anderen Schiff festgemacht werden, zum an Land gehen müssen wir dann aber immer über das fremde Schiff steigen) Auf dem schwedischen Schiff wird deutsch gesprochen, es ist eine 7-köpfige Chartercrew aus Hannover. Einer erzählt ein tolles Rezept: Nudeln mit Ei. Das haben die anderen Crewmitglieder noch nicht gekannt. Die Cockpits liegen so dicht beieinander, dass wir das jetzt auch kennen! Leider müssen wir aber kurz darauf nochmal umparken, da wir zu weit in die Wendefläche der Ausflugsschiffe hinein ragen. Jetzt sind wir ein deutsch/amerikanisches Päckchen.
Die Insel Utö erhob sich vor etwa 10.000 Jahren aus dem Meer. Schon im 12. Jahrhundert wurde hier Eisen gewonnen und bis 1879 Eisenerz abgebaut. Anfang des 20. Jahrhunderts verwandelte sich die Insel in einen Badeort der Städter aus Stockholm. Die Insel ist 10 km lang und 240 Einwohner leben hier ganzjährig. Mit den Ausflugsschiffen kommen täglich neue Besucher. Die Skärgardsstifung hat den nördlichen Teil Utös mit hundert Gebäuden erworben, mit dem Ziel, der breiten Öffentlichkeit die Insel als Ausflugsziel zugänglich zu machen. Wir wandern abends noch zur Mühle (Kvarn) aus dem Jahr 1791 hoch, weiter über die Lurgatan mit den alten Arbeiterwohnungen aus dem 18. Jahrhunder. zum Utö Värdshus, einem traditionellen Schärenrestaurant. Im Garten spielt eine schwedische Band und wir gesellen uns zu den vielen Zuhörern und genießen den warmen Abend. Uwe gefallen nur die jungen (bis 30 jährigen) Schwedinnen.
auf Utö liegen wir im Päckchen mit einem Amerikaner
Utö ist eine der Lieblingsinseln der Schweden
5. Juli, die Crew hat Geburtstag und bekommt einen Hafentag auf Utö und ein Geschenk aus der Hafenboutique. In der Bageri kaufen wir einen Erdbeer-Geburtstagskuchen. Das Schicksal wollte es, dass wir gestern keinen eigenen Platz vor Heckanker mehr ergattern konnten, heute sind wir froh längsseits am Amerikaner zu liegen, denn der Wind und der Schwell im Hafen macht so manchen vor Heckanker liegenden Booten schwer zu schaffen. Die deutsche Crew liegt auch noch da und hat noch "große" Wäsche im vollbesetzten Hafen. Drei Tage sind sie unterwegs, jetzt hängen sehr dekorativ an der Schiffsreeling 4 blütenweiße Schießer- Doppelripp-Unterhosen, ca. Größe 46, zusammen mit einem BH und einem Unterhemd an der Schiffsreeling, aber sie fahren ja unter schwedischer Flagge, so braucht es ihnen ja nicht peinlich zu sein. Nur wenige Schiffe verlassen bei dem starken Wind heute den Hafen, auch wir wandern lieber über die Insel zum Strand mit den tollen Klippen und dabei kommen wir an den Bergwerkslöchern vorbei. Sie sind mit Wasser gefüllt und bis zu 215 Meter tief. Abends spielen die Beatles im Garten des Wirtshauses. Sie spielen fast so gut wie die Echten - damals. Viele blonde Kinder sind mit ihren Eltern hier und freuen sich, dass endlich Sommer ist.
die flotte Oma hat Geburtstag
Abend auf Utö
Am Freitag, dem 6. Juli binden wir uns los vom Päckchen der amerikanischen "Witch of Pongo" mit Kurs NYNÄSHAMN, der Hafen liegt jetzt bereits zum 3. Mal auf unserem Weg. Grau das am Horizont verschwindende Land mit der Windmühle, grau das Wasser, ohne Sonnenlicht. Eine schöne ruhige Fahrt, nur der Klüver ist gesetzt, trotzdem laufen wir 5 Knoten schnell. Im Vergleich zu Mitte Mai ist der Hafen jetzt voll, auch die Häuschen an der Hafenmeile sind jetzt alle geöffnet. Wir essen einen Fisch in der "Rökeri" und bereiten unsere morgige Fahrt durch die Schären vor. 7. Juli Ablegen nach TROSA. Alles grau, Nieselregen, feucht, nass, pfui. Jeden Tag fällt jetzt das Barometer weiter. Aber Wind gibt es, mit bis zu 7 Knoten segeln wir durch die heute trist wirkende Schärenlandschaft. Herrliche Landschaft, schöne Häuser mitten im Grün und gleichzeitig am Wasser. Sicher ein Traum bei Sonnenlicht. Der große Hafen ist voll, bis zum Abend ist jede Boje belegt. Zur Hafenanlage gehören Cafes, Eisdielen, Souvenirläden. Wir laufen am Kanal entlang, der die Stadt durchzieht, kleine Motorboote, die unter den Brücken durchpassen, liegen an den Ufern. Immer wieder regnet es, sonst wäre bestimmt mehr los hier. Ein schönes Städtchen mit alten Holzhäusern und großen blühenden Gärten, süßen Cafés und gemütlichen Kneipen, wie dem Antons Krog und dem Stadshotell. Es gießt in Strömen jetzt und wir verziehen uns aufs Schiff.
jetzt ist endgültig die Hochsaison ausgebrochen in Schweden
Trosa ist ein ganz goldiges Holzhausstädtchen
8. Juli, Sonntag. Auch heute herrscht Einheitsgrau. Trotzdem will der Skipper in das Naturschutzgebiet STENDÖRREN zum Ankern, in eine einsame, für den in der Nacht angesagten Wind, geschützte Bucht. Wir segeln durch den Stadsfärden zurück, treffen vor der Durchfahrt Särvsundet auf über 100 Schärenkreuzer, die uns alle entgegen kommen. Wir fahren mit 6 Knoten und Backbordschoten und haben zum Glück das Wegerecht (Vorfahrt) in dem Gewusel. (Wegerecht: Backbord- vor Steuerbordbug, Lee vor Luv) Wir kommen in ein wunderschönes Naturschutzgebiet, glatte, blank polierte, steil ins Wasser abfallende, rötlich marmorierte Felsen und Klippen, nur von Vögeln bewohnt. Wir streichen die Segel und tasten uns langsam mit Maschine in den ÄSPSKÄR FLADEN und hoffen, dass auch wirklich kein gefährlicher Stein in der Bucht liegt. Vier Schiffe haben am Felsen unter Heckanker festgemacht, einer ankert frei, auch unser Buganker fällt auf 4 Meter Tiefe mitten in der Bucht. Position 58°44'50 N, 17°22'44E.
so stellt man sich das Ostseewetter vor, aber wir hatten das bisher nur ganz selten
alle entgegenkommenden Segler müssen uns ausweichen, weil wir den Wind von Steuerbord haben
Das Naturreservat Stendörren umfasst etwa 900 ha Küsten- und Schärenlandschaft. Der Begriff Stendörren bedeutet "Tor" zum Meer, am schmalsten Teil des Sundes. Zum größten Teil handelt es sich hier um unberührte Natur. Strandwiesen, üppige Fichtenwälter, schroffe Felslandschaften mit Krüppelkiefern und Flechten. Das Meer ist weder Süß- noch Salzwasser (Salzgehalt 0,6 %), der Artenreichtum ist daher begrenzt. An Tieren treffen wir die Seeschwalben, Eiderenten, verschiedene Möwenarten und manchmal sehen wir auch Seeadler kreisen. Kein Schiff an unserer Seite, wie im Hafen, das genießen wir heute, trotz des trüben Wetters. Nur mit unserem Schlauchboot kommen wir ans Ufer zu einer Erkundungstour, die es uns jedoch bald verregnet, also wieder zurückpaddeln. Gegen Abend läuft in "unseren" Fladen noch eine tolle deutsche Zweimast-Bark ein, mit 10 Pfadfindern an Bord. Baden macht uns heute nicht an, wir ziehen eine Dusche im Cockpit vor, als plötzlich ein, dann zwei Regenbogen aufziehen. Es war eine gute Idee, trotz des mäßigen Wetters hierher zu segeln. Herrlich, der Aspskär Fladen.
Regenwetter im Äspskärfladen
die Abendsonne bringt doch noch herrliches Fotolicht
9. Juli, Anker auf - er hat gut gehalten heute Nacht. Wir ziehen die Kette und den Anker mit viel Schlamm hoch und fahren, wieder herrscht heute Dunst und Nieselregen vor, einen kurvenreichen Weg durch den engen Espskärksklubb, mal wieder vorbei an einer XYSkär und hundert anderen. Außergewöhnlich schön, naturbelassen, nur die Sonne fehlt. Wir laufen die Stadt NYKÖPPING an, mal wieder. Wir haben eine Reise hinter uns, die durch Einfachheit bestochen hat und jeder Tag ähnlich und doch wieder anders war. Hier unterbrechen wir kurz für 10 Tage unseren Törn, warten bis sich die Schweden in ihrem Urlaub etwas verlaufen haben und hoffen, dass auch die Sonne dann wieder kommt. Wir verlassen Momo am 11. Juli gut vertäut im Hafen, sind in 10 Minuten am Flughafen Skavsta und tauschen unser langsamstes Fortbewegungsmittel in das Schnellste um: 1 Stunde 50 Minuten dauert der Flug, durch die Wolken. Durch das Wasser braucht Momo Wochen dazu.
mit einem langen Schlag segeln wir weiter von Trysunda nach Rauma in Finnland und weiter zu den Aland-Inseln
Dienstag, 12. Juni - NACHTFAHRT um die 180 Seemeilen, diagonal durch die Sea of Bothnia, immer auf einer Kurslinie, 160 Grad, von Trysunda nach UUSIKAUPUNKI, Finnland. Wenn es gut läuft sind das 34 Stunden Fahrzeit, nonstop durch die Ostsee. So haben wir das heute früh um 6.00 Uhr vor. Die verschiedenen Wetterberichte waren verheißungsvoll. Die Reise beginnt auf einer ruppigen See. Die Sonne scheint schon eine ganze Weile und verlangt bereits frühmorgens eine Sonnenbrille. Bei dem hellen klaren Licht hier im Norden ist sie fast an keinem Tag wegzudenken. Auf dem Wasser ist nicht viel los. Um 9.20 Uhr kreuzt ganz dicht ein mit Holzstämmen beladener Frachter unseren Kurs, um 12.55 Uhr plötzlich ein kleiner Jet neben uns, er fliegt kurz tief , um uns zu zuwinken und zieht gleich wieder hoch. In der Ferne nochmal zwei Holzfrachter und das ist fast alles am ersten Tag, der anschließenden Nacht und dem nächsten Tag. Ein paar Möwen fliegen auf in der Nacht die taghell ist, vielleicht haben die Möwen auf dem Wasser geschlafen und wir haben sie gestört? Bei Sonnenaufgang fliegen Seeschwalben im sich orangefärbenden Morgenhimmel. Von der Sprayhood (unserem Stoffdach über dem Niedergang), seilt sich eine Spinne ins Cockpit ab. Nichts Aufregendes. Nur mit Windenergie kommen wir ganz zügig voran. Allerdings müssen wir, damit wir bei dem West-Norwestwind sicher vorwärts kommen, den Klüver ausbaumen und dem Großsegel einen „Bullenstander“verpassen. Jetzt können die Segel nicht plötzlich auf die andere Schiffseite kommen. Patenthalse nennt man das. Schweden mit der Hohen Küste ist endgültig hinter dem Horizont verschwunden. Jetzt sind wir allein auf hoher See und wir holen nach der 12 Seemeilen-Zone die schwedische Gastlandflagge ein.
die Höga Kusten und Schweden bleiben achteraus
nur wenige Schiffe kreuzen unseren Kurs
Flaggenwechsel - wir sind in FinnlandMittags herrscht Flaute, da hilft uns der Motor weiter und, wie immer nach der Flaute, wechselt der Wind seine Richtung. Südwest und später Süd-Südwest, bei 160 ° rechtweisendem Kurs, ein am-Windkurs aber nicht zu hoch. Den mag unser Segelboot und ich. Mit 6 bis 7 Knoten düsen wir sechs Stunden lang immer geradeaus, lassen Seemeile um Seemeile hinter uns. Der Autopilot steuert gewissenhaft allein, so können wir den Wolken nachsehen, lesen, kochen, essen und nach Schiffen Ausschau halten und immer einer von uns hat im Wechsel 2 Stunden frei und sollte eigentlich schlafen, vor allem um die Nachtzeit. So muss Segeln sein! Um 20.10 Uhr unterschreiten wir dann den 62. Breitengrad. Alles blau, das Meer, der Himmel und in jeder Himmelsrichtung hängen andere Wolkenformationen. 21.10 Uhr: der Wind lässt nach, 15 Stunden Fahrzeit und 83,8 Seemeilen liegen im Kielwasser. Mir gefallen die vor uns aufziehenden Wolken nicht, als jetzt auch noch TURKU RADIO seinen neuen Wetterbericht mit Sturm für den frühen Nachmittag meldet, muss, sobald Momo langsamer als 4 Knoten läuft, sofort der Motor mitschieben. Dies ist ab sofort der Fall, nur zwischen Mitternacht und 1.00 Uhr schafft es der Wind wieder allein. Gegen 23.00 Uhr ist die Sonne von den Wolken verdeckt, hell bleibt es weiterhin, nur die Sonnenbrille wird nicht mehr gebraucht. Man kann erkennen, wie sich die Sonne hinter dem Horizont entlang schleicht, sie hinterlässt einen schmalen, orangefarbenen Streifen und taucht um 3.30 Uhr im Osten wieder auf, orange, gelb, rot, immer größer und intensiver wird die Färbung des Himmels, richtig kitschig. Dunkle Wolken durchstreifen das Farbenspiel. Im Westen und Süden dagegen, sehe ich am Horizont regenbogenfarbige kurze Streifen, aber keine Bogen. Seltsam. Inzwischen ist es 4.00 Uhr morgens und der 13. Juni, die Crew fährt, da schreckt der Skipper aus seinem oberflächlichen Schlaf auf dem „Sofa“ auf. „Was sind das für Wellen?“ Seit fünf Minuten macht Momo kaum mehr Fahrt, die Segel ziehen nicht mehr mit und die Wellen kommen uns entgegen. Wir haben die von Turku Radio gemeldete Winddrehung Süd-Südost mit Stärke 6-7. Schlagartig baut sich jetzt eine chaotische See auf mit meterhohen, kurzen und sehr steilen Wellen. Die See wirft Momo wie einen Spielball hin und her. Zeit Schwimmwesten anzuziehen und den Autopiloten abzulösen, er ist jetzt überfordert. 123 Seemeilen liegen hinter uns und noch über 50 vor uns. Der Wind soll sich auf STURMSTÄRKE steigern und noch ist keine Küste in Sicht. Wir sind total übermüdet und jetzt auch noch Regen, er klatscht uns kalt ins Gesicht
schlagartig wird die See steil und hoch
der Skipper versucht in voller Montur ein bisschen zu schlafen Uwe verzieht sich an den Kartentisch und meldet: NEUER KURS RAUMA, 85° am Kompass. Dies ist der nächstgelegene Hafen – 30 Meilen weniger, als nach Uusikaupunki. Trotzdem sind es noch fünf lange Stunden, Kampf gegen Wind und Wellen, und mit dem Versprechen von Radio Turku im Genick, dass der Wind weiter zu nimmt. Endlich die Ansteuerung von Rauma, die lange betonnte Ansteuerung ist uns zum Glück noch vom letzten Jahr bekannt. Endlich um 12.30 Uhr machen wir im Hafen von Rauma fest. Die lange betonnte Ansteuerung ist uns zum Glück noch vom letzten Jahr bekannt. Draußen tobt die See und Nebel zieht jetzt auch noch auf. Wenigstens der ist uns erspart geblieben. Schlafen, nur noch schlafen, der Skipper vergisst sogar sein Anlegerbier. Ich melde Migräne. Ich glaub ich will nicht mehr segeln. 36 Stunden immer startklar in den gleichen Klamotten, Schuhe habe ich zum Schlafen auch noch angelassen, Zähne putzen und waschen auch vergessen, und die letzten Stunden gab es nur noch Knäckebrot. Der Mittagsschlaf geht in den Nachtschlaf über. Draußen tobt der Sturm und wir liegen in der Koje. Morgen ist Hafentag, was haben wir dann überhaupt für ein Datum? Der 14. Juni plus 1 Stunde, wir sind in Finnland, dem Land der Mitternachtssonne.
die Ansteuerung von Rauma ist zwar lang, aber bei guter Sicht kein Problem
RAUMA, Donnerstag 14. Juni: securite, securite TURKU RADIO calling fore gale warning! Sea of Botnia west to north west 18 meters per second. Auf Deutsch, STURMWARNUNG, Hafentag. Auch stecken uns noch die vergangenen 36 Stunden Sea of Bothnia nonstop in den Knochen und im Kopf. Wir setzen das Schlauchboot ins Wasser und Uwe hängt Momo zusätzlich noch an eine zweite Boje. Der freundliche Hafenmeister lässt unsere deutsche Gasflasche befüllen, die es in Finnland auch nicht im Austausch gibt. Uwe und ich radeln in das uns vom letzten Jahr bekannte Städtchen. Zielstrebig fahren wir die Kuninkaankatu entlang zum Kauppatori, weiter die Eteläpitkäkatu, die Pappilankatu und biegen in Finnlands engste Gasse, die Kitukränn. Die gut erhaltenen bewohnten Holzhäuschen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert haben sich auch seit dem vergangenen Jahr nicht verändert. Hungrig essen wir in der finnischen Trattoria La Piazza eine Pizza mit Tomaatti, juusto , valkosipuli, anjovis und eine Pizza mit tuore herkkusieni, artisokkaa, kinkkua, pekonia, oliiveja. Der Salat ist mit oliiviöljy-viinietikkapunaviinsisiirapi kastikkella. Mal was ganz anderes als die Bordküche, und irgendwie süß alles. Nebenher schmökere ich in den Prospekten aus dem Informationszentrum und erfahre vom „salzigen Aufschäumen des Schärenmeers, von der einzigartigen Stimmung des UNECO Kulturerbes, und den Zeiten der Wikinger.“ Ein wunderschöner Satz: „Die Ehre ist durchaus verdient, in die Liste der kulturhistorisch besonders wertvollen Orte aufgenommen worden zu sein, denn die Altstadt Rauma ist das größte, einheitlichste und lebendigste auf das Mittelalter zurückgehende Holzhausviertel in den nordischen Ländern.“ Die geklöppelten Spitzen aus Rauma, die es seit dem 16. Jahrhundert gibt, sind bis nach Amerika und Japan bekannt geworden. Dass man in der Region Rauma „wortwörtlich in die Tiefe des Wassers, der Kultur und Geschichte tauchen kann und der 250 ha große See Pinkjärvi bei Kanufahrern sehr beliebt ist wegen „IHRE UNGERÜHRTE NATUR.“Auch im Winter ist was los, da kann man auf der Insel Katismaa neue Erfahrungen machen im Eisschwimmen und an der berühmten Eissafari teilnehmen. Wenige 100 Meter entfernt von Momos derzeitigem Liegeplatz ist der größte finnische Hafen für den Papierexport, die Papierfabrik wird täglich mit 160 LKW-Ladungen heimischen Nadelholzes beliefert.
Rauma hat einen supermodernen Hafen
und die Holzhausaltstadt ist einmalig in Skandinavien und gehört zum WeltkulturerbeIm Supermarkt valintatalo kaufen wir Frisches für unsere inzwischen leere Kühlbox wie Lihapyörykkä (Köttbullar auf schwedisch, oder Fleischküchle auf schwäbisch), Jäävuorisalaatti (Eisbergsalat), Tomaatti Suomi, Parsakaali, und Meetvursti.. Wir schieben gerade den Einkaufswagen Richtung Kasse, da schaut uns ein Mann lange an, bis wir ihn beachten, dann singt er „Junge komm bald wieder“, er konzentriert sich – sagt dann auf Deutsch: "Drafi Deutscher", und singt dann weiter „Marmor Stein und Eisen bricht“, erzählt er habe einmal in Bremen gearbeitet, bei der Schuhfabrik Lloyds. Er sei 1944 geboren, heißt Matti Saarjaleinen, kennt Franz Beckenbauer und Stuttgart auch. Die Finnen sind eigentlich gar nicht gesprächig, sie reden sehr wenig und wenn, dann nur übers Nokia handy, aber keine Regel ohne Ausnahme.
Matti Saarjaleinen singt "Marmorstein und Eisen bricht" und kennt Franz Beckenbauer
im Rucksack Proviant für eine Woche
Abends, von einer Minute auf die andere, sogar im geschützten Hafen (wie ist es dann wohl draußen?) eine Sturmbö, dass es kracht, mit Gewitter. Uwe schraubt ganz schnell seine UKW und Kurzwellen Antenne ab und ich ziehe den Laptop vom Netz. Uwe hilft dem schwedischen Skipper eine Zusatzleine auszubringen, denn das nagelneue Motorboot schwojt ganz zu uns herüber. Zum Glück haben wir gleich heute früh die schwere Momo noch an eine zweite Boje gehängt. Nachts dann Sturmstärke 8 – 9. Ich nehme Oropax, mein Kopf schmerzt schon wieder, ich denke zu viel nach. Bis der Sturm abflaut wird es Freitag der 15. Juni. Wir stellen fest, dass der finnische Wald mit den Schären auch nicht anders als der schwedische ist, treffen nochmal einen gesprächigen Finnen, der uns vom Eis im Winter in der kleinen Bucht erzählt.Samstag, 16. Juni legen wir ab in Rauma, UUSIKAUPUNKI wir kommen mit Verspätung. Uusikaupunki – klingt toll und ist auch ein viel schöneres Wort als „Neustadt“. „Uusikaupunki an der Weinstrasse“ oder Uusikaupunki an der Aisch“ würde auch gut klingen.
nach dem Segelsetzen ...
... braucht die Navigation in den Schären wieder die volle Konzentration
Eine Seabreeze ermöglicht uns nach Süden zu segeln, im Fahrwasser durch die RAUMA SCHÄREN. Nach dem Schlag diagonal durch die Sea of Bottnia, heißt es wieder nach Lateral- und Kardinaltonnen fahren. Wir haben nur wenige Meter Wasser unter dem Kiel, auch die Schären sind ganz flach. Am Ufer wächst saftig grünes Gras , Schilfgras wird das wahrscheinlich mal. Manchmal schwimmt auch nur eine Grasinsel im blauen Wasser, herrlich bei Sonnenschein lautlos vorbei zu schleichen.
die Seeleute unter unseren Blogbesuchern mögen verzeihen, wenn wir hier einmal die wichtigsten Tonnen vorstellen. Oben die Lateraltonnen, die die seitliche Fahrwasserbegrenzung markieren. Der Pfeil in der Mitte gibt in der Seekarte die Richtung der Betonnung an.
diese Kardinaltonnen markieren normalerweise Untiefen und zeigen an, auf welcher Seite eine Untiefe umfahren werden muss. Besonders in Finnland werden diese Tonnen auch zur Fahrwassermarkierung verwendet
auch das sind Kardinaltonnen. Sie können auf allen Seiten passiert werden
Böig wird es in der Einsteuerung nach Uusikaupunki. Ein Kanal zieht sich weit bis zum Yachthafen hinauf. Im Hafenführer ist ein miserables Bild vom Hafen abgebildet, und wir sind jetzt positiv überrascht. Direkt am Café legen wir an, sofort springt ein Mädchen herbei, übernimmt die Leine und heißt uns auf Deutsch willkommen. Der Hafen hat wirklich Flair, endlich ist mal was los, die Leute essen Eis und trinken Kaffee. Von einem vorbeikommenden kleinen Boot lassen wir uns noch unsere Leine durch eine 2. Boje fädeln, jetzt liegen wir sicher und können die Stadt unsicher machen. Vorher bekommen wir im Café einen Stadtplan und Prospekte und die Hafeninfos für SEEFAHRER: Sauna, Waschmaschine und im Sommer einen Abendmarkt. Sommer ist immer noch nicht. Die Stadt, hat 16 000 Einwohner, wurde im Jahr 1617 von König Gustav II. gegründet, hat ein rechtwinkeliges Straßennetz, ganz breit, obwohl fast keine Autos fahren. Die Hauptstraße ist geteert und ab der Kurve dann eine Steinschärenstraße, Stein mit Sand. Es gibt Birkenalleen, Holzhäuser, Straßenkreuzer und die alte Kalanti Church of St. Olaf aus dem 14. Jahrhundert. Wir wollen zu „Beatles forever“, 20 Euro Eintritt pro Person sind uns die Klänge, die wir hören, nicht wert und wir gehen lieber im Hafenlokal Bier trinken. Uwe und ich im Faserpelz und dicken Socken, die Mädchen in Sommerkleidern und Schläppchen, die Jungen in T-Shirts. Auf den Felsbrocken sitzen einige mit ihren KOF Biersixpacks. Manche liegen neben ihrem Stuhl, haben zu viel des teuren Alkohols getrunken.
das Anlegerbier gibt`s heute in der Hafenkneipe von Uusikaupunki
die St. Olafskirche von Uusikaupunki
breite Birkenalleen mit Holzhäusern und wenig Verkehr bestimmen das Stadtbild
grosse Amischlitten als Oldtimer sind offensichtlich ein Hobby der FinnenSonntag 17. Juni. Nach dem Frühstück mit Sonntagsbrötchen aus dem Café setzen wir nur den Klüver und segeln zur Festungsinsel KATANPÄÄ, Pos. 60°36,88N und 021°10,70E, einer Empfehlung vom Hafenmeister in Rauma. Die Augen sehen nur noch rote und grüne „Stäbchen“, aber dann folgt eine Fahrt ins blaue, keine Fahrwassertonne mehr, das ist noch stressiger, es geht um lauter ähnliche Inseln. Bloß nicht die Orientierung verlieren! Auch nervt am Steuer total die Angabe: „die Insel da vorne“ oder „die grüne Tonne dort drüben“. Inseln sind überall und grüne Tonnen auch mehrere. Wir finden die nicht markierte große Hafenbucht, gut geschützt durch davor liegende Inseln. Sofort denken wir an den schönen Naturhafen am Darßer Ort in „Meckpomm“, Deutschland. Bis 1999 durfte auf Katanpää niemand Unbefugtes auf die Insel, sie war militärisches Gelände. 1915 hat Zar Peter der Große (Finnland war damals noch russisch) hier eine Befestigungsanlage gebaut, die ist in den Schären überhaupt nicht aufgefallen. Um 1930 war Katanpää dann eine Gefangeneninsel. Gefangene aus dem Osten Russlands mussten hier Pflastersteine klopfen, die dann in eisfreien Zeiten mit dem Frachter nach Europa verschifft wurden. Auch die Wege der Insel sind mit diesen Steinen gepflastert. Aus dieser Zeit stehen noch manche alte Gebäude, auch Kanonen und die Befestigungsanlagen und Bunker sind zum Teil noch erhalten.
auf Katanpää ist Military-look angesagt
bis 1999 waren diese Kanonen noch scharf
Sonst ringsum nur Wald, richtiger Urwald. Am Hafen ein Holzhäuschen, die Sauna, mit Badesteg in die Ostsee, die lassen wir uns nicht entgehen, wir mieten sie für uns. . Am grillplatset gleich daneben, grillen wir heute Kötbullarspieße. Schön, so fast allein (nur noch 1 ½ Boote da) in der großen Bucht auf der einsamen Insel.
Köttbullarspiesse (Fleischbällchen) am Grill
und anschliessend in die Sauna Wir befinden uns mitten in den Schären des „ARCHIPELAGO“, wie das finnische Inselmeer genannt wird, 90 000 Inseln, Inselchen, kleine Felsinseln und dazu noch die einzelnen Felsbrocken, die man als Seefahrer nicht unterschätzen darf. Wir steuern immer die Inseln an, die laut Wetterprognose von der Windrichtung mit Segeln zu erreichen sind, kreuz und quer durch die immer vertrauter werdende Schärenwelt. Wir lernen sie auch optisch immer besser zu erkennen und mit der Karte in Einklang zu bringen, die Seezeichen verstehen wir jetzt wie die Straßenmarkierungen und die Straßenschilder. Ganz tückisch sind die grünen Tonnen, sie sind manchmal ganz ausgebleicht und kaum zu sehen. Die Ostumfahrungen (Stange von oben gesehen schwarz gelb schwarz) sieht man am Horizont ganz schlecht wenn dahinter Wald liegt, dann könnte man meinen es sei eine Südumfahrung (die ist oben gelb, unten schwarz). Oft ist auch die gelbe Farbe weiß ausgebleicht. Die Vögel, die oft und gerne auf den Stangen sitzen, scheißen auf die schwarze Spitzen bis sie weiß sind, dann sieht sie auch wie eine Südumfahrung aus. Bei der Westumfahrung fällt der Vogelscheiß nicht auf, die ist oben sowieso hell. Für das Gelb der Umfahrungen gibt es oft nur weiße Streifen. Dann sind die Tonnen mal dünn und kurz, dünn und lang, die ganz Wichtigen sind dick, manchmal gehören sie zu einem anderen Fahrwasser, kommen mehrere Fahrwege zusammen ergibt dies ein ziemliches Wirrwar. Man muss sich seinen Weg mit den passenden Fahrwassertonnen genau in der Karte ansehen.
die Seezeichen und Fahrwassertonnen lesen wir inzwischen wie Strassenschilder
aber trotzdem immer mit voller Konzentration
Montag 18. 6. weiter zur größeren Insel NAUVO, an für Finnen dicht bebauten Schären (jeweils 1 ha Wald zwischen den einzelnen Häusern), im Ströömi vorbei. Die Crew ist heute unbrauchbar, der linke Arm, an dem auch der sowieso kaputte Mittelfinger hängt, lässt sich nicht mehr bewegen, Voltaren muss helfen. Nach 35 Seemeilen erwartet uns ein richtig schöner Gästehafen mit Flaniermeile, Häuschen mit Boutiken, Café, Internetzugang. Die Finnen sind plötzlich los und die Boote werden schlagartig mehr im Hafen. Vorteil, ich bekomme Hilfe mit den Leinen beim Anlegen, das ist wirklich ein Glück heute. Seltsam, dass sich die Finnen so dicht, Boot an Boot, im Hafen ertragen. Am hellen Abend laufen zur Kirche hoch, weiter durch den Wald zum herrlichen Sandstrand, sogar mit Sprungbrett. Am Hafen zurück, kreischen die Möwen mit den Seeschwalben um die Wette, die Jungen schwimmen immer ringsum eine Boje und haben Angst an das Ufer durch die Strömung zu schwimmen, Mordsgezeter und Gekreische.
Nauvo ist ein netter Hafen
jetzt, kurz vor Mitsommer, sind auch die Finnen auf dem Wasser - mit vielen PS
Dienstag 19.6., Ziel GULLKRONA, ein hübscher Naturhafen auf kleiner Insel. Wir bekommen viel Wind auf die Mütze und segeln Stehaufmännchen“, mal mit 2 Knoten, stehen fast, dann drückt uns eine Bö mit 6 Knoten auf die Seite. Wir passieren die steinige Einfahrt Gullkrona und müssen feststellen, dass wir heute zu spät kommen, alle Finnen sind schon vor uns da. Schnell sucht Uwe eine Alternative und findet sie auf der Insel KIRJAIS. Schade, Gullkrona wäre viel schöner gewesen. Wo fahren wir morgen hin, Nord oder Süd? Wir können unser Wettermail nicht empfangen. Mit unserer Kurzwellenfrequenz an Bord können wir für e-mails nur Texte empfangen und ein Freund blockt mit einem lieben Bildermail unseren Kurzwellensender. Mittwoch, 20. 6. nach Südost zur Insel KÄSNÄS. Unterwegs treffen wir einige aus Gullkrona kommende Schiffe. Mit dem Segler einer Bavaria 36 fährt Uwe Regatta. Großsegel und Klüver sind gesetzt, nun braucht er noch die Fock, das bedeutet etwas schneller, dafür weniger Sicht. Vor uns liegt Helsingholmen , hier waren wir an Mittsommer 2006 mit Kalle und Isabel. Heute bleibt Helsingholmen an Backbord liegen, an Steuerbord liegen zwei kleine Inseln. Zwischen Helsingholmen und der linken der beiden Inseln muss durchgefahren werden. Die Boote laufen dicht nebeneinander, der Bavariafahrer luvt unseren Skipper so weit hoch, dass er zwischen die rechten Inseln kommt, die Bavaria wird schneller und fährt schon zwischen den Inseln.
das wäre der falsche Weg gewesen
... ein Segler bedeutet Ruhe - zwei Segler bedeutet Regatta
Uwe hört endlich auf meinen Protest, blickt auf die elektronische Seekarte – Kommando: KLAR ZUR WENDE - nichts wie raus. Die linke Insel hat er nicht gesehen, weil sie hinter der Fock versteckt war und ich hätte immer nur von „der Insel“ gesprochen (das macht er aber selber so, man meint immer, der andere meint das Gleiche). Exakte Ausdrucksweise kann verdammt wichtig werden. Nach unserem Wendemanöver sehen wir auch die Bavaria wenden. Sie sind 5 Mann an Bord und haben den Fehler endlich auch bemerkt. Aber sonst ist herrlichstes Segelwetter, wir brauchen trotz Sonne den Anorak, so schnell sind wir. Wir liegen in dem großen Hafen von Kasnäs,ganz nah am Fährterminal. Jede halbe Stunde legt eine Fähre an oder ab und wir haben den Schwell. Auch ist ziemlich viel los hier, Mittsommer naht, viele Boote, Restaurant, Internetzugang, Tankstelle, Lachsfarm, Sandstrand mit 15 ° kalter Ostsee, getrennte Männer- und Frauensauna. Donnerstag, 21. 6., Mittsommer, aber richtig gefeiert wird erst am Freitag. Wir meiden die kleinen Schären, die sind beliebtes Mittsommerziel und überfüllt.Wir laufen heute den großen Hafen Airiston auf der INSEL STORMÄLÖ an. Kurz davor ein reger Fährverkehr zwischen den Inseln Lillmälö und Prostvik, man muss sich echt beeilen, um dazwischen durchzukommen. Der Hafen liegt geschützt zwischen hohen Felsen. Pünktlich zu Mittsommer ist es sehr heiß. Wir besteigen die hohe Schäre und „sehen fern“. Auch im Cockpit gibt’s bis Mitternacht volles Programm. Ein Motorbootfahrer nach dem anderen legt an, tankt oder wartet in der Warteschlange vor der Tankstelle. Schnelle, große und kleine, weiße und ganz verrückt lackierte mit chic gekleideten Skippern und blonden Begleiterinnen. Viele „halbe“ Schiffe, nur mit Bug, bequemen Sitzen, Badeplattform und Ende - wie abgeschnitten. Wenn so ein Motorboot nach dem Hafen Gas gibt, mit 1000 PS (wir haben im Vergleich 50 PS und wiegen 14 Tonnen), sind sie auch schon am Horizont verschwunden und nur das Röhren der Maschine hängt noch minutenlang in der Luft.
in Airisto kommt man sich fast vor wie an der Cote d`Azur
Freitag, 22. 6, MITTSOMMER. Motortag für das Segelschiff MOMO.Es herrscht Windstille und wir wollen nach TURKU. Dort einen Hafenplatz zu bekommen, scheint uns kein Problem, so viele Schiffe wie uns entgegenkommen im engen 4,80 Meter Fahrwasser vor Turku. Ganze Familien verlassen im Motorbboot die Stadt. Wir kommen am Fährhafen der Riesenfähren, Viking Line, Silja, Finn Link und SeaWind Line vorbei. Den Fluss Aurajoki weiter hoch, sind der Großsegler Sigyn und die Viermastbark Suomen Joutsen festgemacht. Vor der Brücke dann der nette Hafen vor alten Backsteingebäuden. Am Kiosk bekommen wir eine Infobroschüre von Turku, die ich auch gleich durchschmökere. Zum Beispiel kann man am Fluß die zwei Schiffe besichtigen, die Burg zu Turku aus dem Jahr 1280, das Museum Ars Nova, davor das Cafe Aula mit Freilichttheater (Linnateatteri). Wir fahren mit dem Rad den Fluß entlang, alles geschlossen, sogar der Innenhof der Burg. Ich lese die Öffnungszeiten: zu an Weihnachten und Neujahr, am 2. Ostertag und an MITTSOMMER. (Das ist der erste Freitag nach dem 21.6.plus Samstag und Sonntag). Also jetzt, heute, morgen, übermorgen.
in der Ansteuerung von Turku kommen wir an dieser netten Schäre vorbei
hier wissen wir noch nicht, dass Turku heute und morgen und übermorgen zu hat!
Toll, so haben wir uns das nicht vorgestellt. TURKU hat geschlossen, ausgestorben. Die Straßen total leer gefegt. Das im Prospekt gepriesene Shopping, die Markthalle im alten Gebäude, das Apothekenmuseum mit Kräuterladen, das Handwerksmueum, alles kann man heute vergessen. Die Musikfestivals, nicht heute, der mittelalterliche Markt nächste Woche. Gern gesehen hätte ich das Puutorin Vessa, jahrhundertelang öffentliche Toilette, heute im denkmalgeschützten Rundbau eine Kneipe mit Pisspottausstellung. Die alte Bierkneipe am Ufer hat zu, der Italiener Sewergia im 200 Jahre alten Haus ist auch mit dem Motorboot unterwegs und hat die Stühle angekettet. Der Dom zu Turku, das finnische Nationalheiligtum, dem ersten Bischof Finnlands Sankt Henrik im Jahr 1300 geweiht, schauen wir uns an, er ist geöffnet. Dann trinken wir ein eiskaltes Bier im alten Frachtshiff Old Joe auf dem Fluss, essen im einzigen geöffneten Lokal das wir finden, dem Vaakahuone dem jazzigsten Restaurant der Stadt und die Leningrader Dixilandband spielt heute. Das war's. Nein, eine Dusche noch in den Katakomben des alten Backsteingebäudes der einstigen Kachelfabrik aus dem 18. Jahrhundert. Schade, aber zu einer Stadt gehören auch Menschen. Im Hafen stehen nur 4 Boote, ein polnisches, ein aaländisches, wir und ein norwegisches Schiff, LUNA aus Moirana am Polarkreis. Das hat sich so lange wir weg waren neben uns gelegt. Uwe unterhält sich mit der Frau ganz nett auf englisch, der Mann sitzt im Cockpit, Rücken zu uns, bewegt sich nicht, dreht sich NIE um beteiligt sich NIE an der Unterhaltung. Erst als wir in unserem Schiff verschwunden sind, bewegt er sich wieder. So etwas befremdliches haben wir noch nicht erlebt. Er war in unserem Alter, aber mag die Deutschen offensichtlich nicht.
nur der Dom ist offen in Turku
da ist guter Rat teuerSamstag 23. 6. wir fahren jetzt doch noch auf eine Insel: KUSTAVI, in den Hafen Paratulla, wir brauchen doch noch Mittsommerfeeling. Beim Auslaufen müssen wir vor dem Fährhafen Kringel drehen, die riesige Fähre AMORELLA kommt an, da lassen wir ihr lieber Platz. Wir machen bei schönstem Wetter 7 Knoten Fahrt, die Pfannen in der Pantry rutschen durch den Salon. Die Inseln haben zum Teil steile Felshänge und sind wieder dichter besiedelt. In den Hafen führt eine schmale, nur zwei Meter tiefe Fahrrinne durch das Schilf, wir haben 35 cm Wasser unterm Kiel. Mit dem Fernglas sehe ich viele Masten im Hafen, wir ergattern aber noch eine Boje. Hier ist wirklich ein Volksfest, viele Kinder, sie plantschen fröhlich zwischen den Schiffen, in dem kalten Wasser. Die Schweden feiern ihr größtes Fest, den längsten Tag, die kürzeste Nacht, das Licht, der Höhepunkt des Sommers. Hier sitzen sie auf ihren Schiffen, vor der Sauna und sind auch fröhlich, endlich ist Sommer. Auf der Terrasse im Hafenhäuschen ist auch was los, es gibt guten Jazz, Bier und Essen.Oma, Opa, Mama, Papa, Kind und Kegel und natürlich der Hund, alle sind heute auf dem Wasser und im Hafen. Ach ja, der Hund. Mindestens einer ist auf jedem zweiten Schiff. Große, Kleine, aber alle mit Schwimmweste. Die kleinen sitzen Herrchen und Frauchen auf dem Schoß im Cockpit und werden gehätschelt, vor allem im Motorboot sitzt es sich gemütlich mit Hund. Mittsommer wird auf den Schären nach altem Brauch auch mit riesigen Lagerfeuern gefeiert, obwohl es ausnahmsweise hell und warm ist, aber das macht Spaß und erwärmt die Seele, dazu singen sie und nach jeder Strophe gibt es einen Schnaps, das ist auch alter Brauch, der nicht in Vergessenheit geraten darf.
Mittsommerfeier in Paratulla, leider spielt die Sonne nicht mit
was bei uns der Maibaum, ist in Skandinavien der Mittsommerbaum
24. Juni. Wir brauchen heute keine Sonnenbrille. Bei bewölktem Himmel fahren wir los, zur Insel KUMLINGE wollen wir. Bisschen segeln, bisschen Maschine, bis wir um 12.10 Uhr die Aländische Gastlandflagge hochziehen. Aland wirbt damit: „DAS WASSER IST BLAUER ALS AUF DER ANDEREN SEITE“. Aber was ist das für ein Empfang, im Dunst die Aland Inseln, dann zieht Nebel auf. Wir müssen doch was sehen! Vor uns liegt die Insel Lappö, gib Gas, sagt der Skipper. Es ist ein Glück, dass der Nebel uns kurz vor dem Hafen erwischt, so können wir hier festmachen. Dies ist übrigens der Hafen vom vergangenen Jahr mit der Fußballweltmeisterschaft und den zwei Bildschirmen. Heute jedoch machen wir einen Mittagschlaf, trinken Kaffee, der Skipper steigt auf Kamillentee um und schlagartig, wie der Nebel kam, ist er auch wieder weg, und wir segeln weiter nach Kumlinge. Der Hafen liegt wunderschön (60°15,42N, 20°44,19E), ein ganz schmaler Sund zieht sich ins Land, ein Saunahäuschen am Schilfgrasufer, wir buchen es und baden im Sund in der Abendsonne. Das Bier in der Sauna ist für die Finnen, Aländer und Schweden und jetzt auch für uns obligatorisch.
das Meer ist in Aland blauer als nebenan
25. Juni, Nebel, wir warten kurz, aber um 8.35 Uhr legen wir ab zur Insel KÖKAR und dümpeln lautlos mit 2 Knoten an den Inseln mit schreienden Vögeln vorbei. Zick-Zack führt der Weg durch das flache Wasser. Wenn ich so um mich blicke, liegen ca. 50 Inseln um Momo herum: Busskär, Klasponskär, Skattskär, Näverskär, Timmerskär, Otterklobben, Jermonklobba, Finnö, Marsö, Ängö, Hjortronskär und die vielen anderen. Im Hauptfahrwasser treffen wir um 11.50 Uhr auf die Viking Linie Amorella. Wir geben Gas, um dem Ungetüm aus dem Weg zu gehen. Der jetzt herrschende Westwind bläst die Wolken weg und uns mit hohem Speed der Insel KÖKAR entgegen. Das Wasser wird jetzt wirklich ganz blau wie im Prospekt versprochen. Ganz schön kitzelig, die Rauschefahrt zwischen den Steinen, vor allem wenn der Skipper erst mal schauen muss, wo es durchgeht.
Skipper, wo geht`s lang? Der Blick auf den kleinen Hafen ist phänomenal, eine Betonpier ins Wasser, oder kann das sein? So eine glatt geschliffene Schäre, die bis ins Wasser herab fällt? Ein altes Fischerboot steht auf dem schrägen Stein. Wir sind früh dran, machen fest um 14.00 Uhr, als zweites Boot. Der Hafen wird sich aber füllen, da sind wir sicher. Wir haben noch umgerechnet 8,60 Euro im Geldbeutel, so radeln wir los, Erst ein paar Runden über die schräge Ebene der natürlichen „Betonpier“, dann in das Dörfchen Karlby, dort finden wir die Alandbank. Ganz schön Schäre auf und ab geht es, ich komme ins schwitzen, schön ist es hier.
diese Rampe ist nicht etwa betoniert - das ist gewachsener Granit, vom Gletscher so glatt poliert, dass mann darauf radfahren kann
Die Insel Kökar ist Finnlands südlichste Kommune mit 300 Einwohnern, 804 Quadradkilometer und 57 Quadratkilometer Land. Das Land sind Felsen, kein Wald wie auf den bisher gesehenen Inseln. Viele Blumen blühen, Wiesen und sogar ein Getreidefeld. Der höchste Berg ist der Tellmossberget mit ganzen 34 Metern. Wir stehen auf historische Grund. Die Ersten Siedler waren Robbenjäger 1000 n. Chr. Der Beginn der Christianisierung ging von Kökar aus, Franziskanermönche erichteten im 15. Jahrhundert ein Kloster, von dem noch Mauern und Fundstücke zu besichtigen sind. Die kleine Kirche ist von 1784. Wir radeln zu der Kirche und dem Berg mit der tollen Aussicht nochmal bei Abendlicht hin. Aber vorher gibt’s wieder eine Saunahäuschen mit Badesteg. Fünf Minuten Schwimmen schaffen wir heute im kalten Wasser mit anschließendem Sonnenbaden auf den warmen glatten Klippen. Wir stellen uns vielleicht an, der Finne geht auch im Winter in sein Saunahäuschen und schlägt dann zum Baden Löcher ins Eis.
von hier ging die Christianisierung Finnlands aus
in der Abendsonne geniessen wir den Blick auf die Schären rund um Kökar
Dienstag, 26. 6. zur Insel FÖGLÖ; Hafen Degerby soll es heute gehen, keine große Entfernung, aber wieder ein steiniger Weg. Wir segeln leise auf dem Fahrwasser zwischen den Inseln mit den zwitschernden Vögeln durch, hinter uns 4 Segelyachten als Verfolger, sie biegen aber in das 1,80 Meter Fahrwasser ab, das uns aber zu eng und flach für Momo erscheint. Wir bleiben auf dem Hauptfahrwasser und treffen, wie gestern an der gleichen Stelle, am Leuchtturm Sottunga Rödgrund, Punkt 12.00 Uhr auf das Fährschiff Amorella. Unser Skipper meint: „jeden Tag Turku – Mariehamn, Turku – Mariehamn“ Wir machen ein Foto, das Licht ist schöner als gestern. Die Amorella fährt vor uns durch, wir langsamer hinterher, dem Fahrwasser nach.
eine halbe Meile vor dem Seenotfall kreuzt die Amorella mit 18 Knoten unseren Kurs
Das riesige Fährschiff verschwindet erst links, dann rechts (die oberen Stockwerke und der Kamin schaut oben drüber) hinter der Busskär und Hamnö, sie fährt dann einen ruckartigen Zacken und hängt ganz schräg in der Kurve. Wir wundern uns. Plötzlich sehen wir orangefarbenen Rauch auf dem Wasser und hören einen Funkspruch der unter die Haut geht: „MAYDAY, MAYDAY, MAYDAY, this is Viking Line Ferry Amorella, Position 60°05,886 N and 20°40,412 E, man over bord, urgent help is required.“ Hinter der Amorella sind wir das zweite Schiff und Uwe meldet sich per Funk beim Rescue Coordination center Turku. Wir werden aufgefordert, uns an der Such nach dem über Bord gegangenen zu beteiligen. Funksprüche gehen jetzt hin und her, Rettungsboote und Hubschrauber werden angefordert. Aber das dauert. Der Mann ist aus 30 Meter Höhe gesprungen, knallt bei 18 Knoten Fahrt auf das Wasser und ist, so stellen wir uns das vor, wahrscheinlich bewußtlos und wird wohl nicht mehr schwimmen können. Nur rasche Hilfe macht Sinn. Wir fahren, wie die anderen dazukommenden Schiffe, suchend die Strecke ab, hin und her. Weitere 3 Fähren kommen an, lassen ihre Rettungsboote mit Suchmannschaften herunter. Ein Hubschrauber ist jetzt auch eingetroffen, aber die Zeit läuft und läuft. Hoffnungslos, nach einer Stunde kommt dann die Meldung, dass alle Schiffe, bis auf die offiziellen Suchtrupps die Suche abbrechen und die Reise wieder aufnehmen sollen. Auch die Amorella fährt wieder los, nach Mariehamn mit einem Mann weniger.
hinter uns stauen sich jetzt die Fähren...
und setzen Ihre Rettungsboote ins Wasser
Bedrückt fahren wir weiter zu unserem Hafen Degerby, der laut Hafenhandbuch alles hat, was Bootsfahrer brauchen: Bad, Restaurant, Wasser, Toiletten und Abfallentsorgungsstelle. Wir finden noch ein altes Lotsenhaus. Unser Liegeplatz am Steg ist heute auf der falschen Seite, der Wind beschert uns eine sehr unruhige Nacht.
das Lotsenhaus von Degerby
kunstvoll geschmückter Mittsommerbaum
Holzhäuser im finnischen Stil Mittwoch, 27. 6. den Absprung nach Mariehamn haben wir am frühen Morgen verpasst, nach dem wettermässig schönen Tag gestern, regnet es in Strömen, es wird Dauerregen und nur zwei Boote verlassen den Hafen. 23.30 Uhr, wir haben das Warten aufgegeben. Was für ein Unterschied, eine sonnige Insel und die gleiche Insel bei Dauerregen, Sturm und Dunkelheit! Uwe geht heute in die Männersauna, „gib mir noch eine Büchse Bier mit“, meint er. 8 bis 9 Mann sitzen in der Sauna, abgeduscht wird erst nach dem ersten Saunagang, mit nacktem Hintern ohne Handtuch sitzen sie auf den Bänken, zielsicher im Aufguss. JEDER hat eine Bierbüchse dabei in der Sauna. Ein Mann kommt sogar mit Bierbüchsenkühler, das ist der King. Diese Massensauna wäre nichts für mich, aber Uwe liebt das, der Ort ist unheimlich kommunikativ, er kommt immer mit viel Neuigkeiten zurück.
heute Nacht sind die Fender wichtig
an dieser Boje hängt das Gewicht von zwei Schiffen